Das rot-weiße Cover-Design jener Getränkemarke Deren-Name-nicht-genannt-werden-soll, stimmt eingangs bedenklich. Der Titel: „Meine Marke – Was Unternehmen authentisch, unverwechselbar und langfristig erfolgreich macht“ ebenfalls. Der routinierte Ratgeber-Leser zögert hier zu Recht, wird doch der Eindruck eines weiteren Leitfadens oder einer Schritt-für-Schritt-Anleitung erweckt, die jedem Unternehmen zum Erfolg führen soll. Aber dieses Buch ist anders. Wirklich. Das Weiterlesen lohnt sich, denn „Meine Marke“ ist kein Rezept für die Unternehmenserfolgs-Torte, sondern Anstoßgeber.
Der erste Teil „Markenwelt im Wandel“ beschäftigt sich mit dem Begriff der Marke in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Das erste Kapitel setzt sich mit dem Social Web auseinander (ab S. 23). Es geht um die Beziehung von Mensch, Marke und Medium, die sich durch den Einsatz von Social Media grundlegend verändert hat. Um diese neue Dimension des Medienkonsums zu illustrieren wurden QR-Codes in das Buch eingefügt. Apropos veranschaulichen: Das Buch platzt beinahe, aufgrund der Fülle von Beispielen. You Tube, Krones, Schlecker, Facebook, Porsche, Nespresso, VW, Schindlerhof, Starbucks, Johnson&Johnson und viele andere mehr. Nicht nur Apple, Google, Amazon und Red Bull sondern auch Nokia und Opel. Beide Seiten – nämlich der Aufstieg und der Abstieg von Produkten, Marken und Konzernen – werden betrachtet; weder mit überbordender Euphorie noch mit hämischem Fingerzeig.
Der zweite Teil ordnet Markenführung in den Bereich der Unternehmensführung ein, denn laut Wala sollte jede Person im Unternehmen Markenführung betreiben (S. 102). Selbstverantwortung, Werte, Emotionen, Geschichten, Vertrauen, Dynamik und Positionierung sind hier die sieben Punkte, auf denen Markenführung aufbauen soll. Wala macht deutlich, dass es heute lange nicht ausreicht ein Produkt zu schaffen, das in Bezug auf Form, Funktion oder Qualität perfekt ist. Der Kunde will „abgeholt“ und „mitgenommen“ werden (S. 152). Der Mitarbeiter ist deshalb nicht nur Ansprechpartner bei Problemen sondern auch Markenbotschafter.
Das meiner Meinung nach beste Beispiel handelt von einem wackeligen Stehtisch auf einer Veranstaltung von Porsche. Ein vorbeigehender Mitarbeiter wurde nach einem Bierdeckel gefragt, um den Tisch zu stabilisieren. Er kehrte jedoch mit einem Schraubenschlüssel zurück und reparierte den Tisch nicht nur, sondern richtete ihn anhand eines Wasserglases millimetergenau aus. Sein Kommentar dazu: „Wir bei Porsche arbeiten nicht mit Bierdeckeln.“ Solch eine Einstellung der Mitarbeiter zum eigenen Unternehmen, der Marke oder dem Produkt wünscht sich so manche Führungskraft.
Wenn Markenführung eine Aufgabe aller ist, darf sie also nicht komplett an die Mitarbeiter delegiert werden. Im Gegenteil: Die Leitung eines Unternehmens muss präsent sein. Im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur in der Führungsetage, sondern auch in der Öffentlichkeit (S. 108). Deshalb betont Wala, dass eigentlich jeder Geschäftsführer Marketing-Fachmann sein sollte (S. 102).
Am Ende holen den geneigten Leser die anfänglichen Zweifel kurzzeitig wieder ein: „Sieben Tools zur Schaffung einer Wir-Marke“, das klingt verdächtig nach Checkliste…aber nein. Eine knackige Zusammenfassung eines jeden Kapitels, wie gemacht als Anstoßgeber für das nächste Meeting oder zur Diskussion in der Kantine. C.S.-E.