Obwohl dieses Buch bei den „Empfohlenen Wirtschaftsbüchern“ besprochen wird, kann ich es nicht empfehlen. Ich schreibe nur deshalb an dieser Stelle, weil ich eben keine Website für „überflüssige Wirtschaftsbücher“ betreibe. Auf der Rückseite des Buches wird viel versprochen, ein „Porträt einer Parallelwelt. Eine Psychologie des Geldes. Oder anders gesagt: Ein Reichtumsbericht. Charmant, überraschend und garantiert ungeschönt.“
Dieses Buch hält nicht, was es verspricht. Es soll den Lesern über die Welt der Superreichen berichten. Das ist gründlich misslungen. Ich habe schon viele Bücher über Reiche gelesen. Meistens waren die Autoren zwar politisch eher linksorientiert und standen „Reichen“ kritisch gegenüber, aber das hat mich nicht unbedingt gestört. Oft enthielten diese Bücher dennoch interessante Beobachtungen und Fakten. Dieses Buch zeichnet jedoch ein Zerrbild über die Reichen.
Ich war schon skeptisch, als ich im Prolog gelesen hatte, wie der Autor sich seinem Thema näherte. Nach eigenen Angaben schrieb er Anshu Jain, Boris Becker, Steffi Graf, Dirk Nowitzki, Niki Lauda, Bernie Ecclestone, Uli Hoeneß, Flavio Briatore, Silvio Berlusconi, Dietmar Hopp, Hasso Plattner, Dietrich Mateschitz, Thomas Gottschalk, Günther Jauch, Carsten Maschmeyer, Christian Völckers, Friede Springer, die Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, Mark Zuckerberg, Larry Ellison, Bono, Madonna, Lady Gaga, Mick Jagger, Paris Hilton und Wladimir Putin an – mit der Bitte um ein Interview für das Buch. Alle sagten, wie nicht anders zu erwarten, ab. Die Auswahl verrät schon einiges darüber, wie sich der Autor die Welt der Superreichen vorstellt. So ähnlich wohl wie jemand, der vor allem „Gala“, die „Bunte“ oder die „aktuelle“ liest.
Letztlich fand er doch einige, die mit ihm sprechen wollten. Menschen, die offenbar entweder ein wenig naiv sind oder schlechte Berater oder eine besonders stark ausgeprägte Profilneurose haben. So interviewte er einen gewissen „Mr. Lee“, zwei Meter hoch, Glatze, düstere Augen. Lee habe sein Geld vielleicht durch Drogen oder Menschenhandel verdient, so spekuliert der Autor, wahrscheinlicher aber durch Waffen verdient (S. 107). Eine Gestalt wie aus einem James Bond-Film. „Eben ist er mit einem Motorroller vorgefahren und hämmert wie ein Irrer gegen die Schlosstür. Er kickt sie mit einem Fußtritt auf und trampelt in Jogginghose und Bomberjacke über den Marmorboden. ‚Fucking Hell!!!‘ brüllt er und lässt seine elf Butler in der Empfangshalle antreten.“ (S. 107)
Er hat mit dem 85jährigen Berliner Ex-Playboy Rolf Eden gesprochen, der ihm über seinen letzten Bordellbesuch berichtet. Was ihn antreibt: „Nur die Kohle und der Sex, ist doch klar. Ich habe in meinem Testament eine Prämie ausgelobt: Die Frau, die mich im Bett totreitet, bekommt zweihundertfünfzigtausend Euro. Deshalb geben sich die Weiber immer solche Mühe“, so zitiert er Eden. Immer wenn Eden „genug Geld gescheffelt“ habe, kaufe er ein Haus. Achthundert Wohnungen soll Eden besitzen, wie er sich von dessen Hausverwaltung bestätigen lässt. Der Autor „rechnet“: „Also nehmen wir mal an, fünfhundert Euro pro Mieter, dann ist da ne halbe Million im Monat.“ (S. 141) Hm, rechnen ist offenbar auch nicht die Stärke des Autors, der wohl noch nie gehört hat, dass ein Vermieter außer Einnahmen auch noch Ausgaben hat.
Schade, dass sich auch einige wenige seriöse Unternehmer zu einem Gespräch überreden ließen, so der Milliardär Reinhold Würth. Ich denke, er und die anderen interviewten Personen werden es bereuen und sich wünschen, sie hätten es lieber so gemacht wie Friede Springer, Dieter Mateschitz und all die anderen, die dem Autor eine Abfuhr erteilten. Da das Buch schon kurz nach Erscheinen in der 2. Auflage gedruckt wurde, scheint es sich für den Verlag gelohnt zu haben. Kein Wunder. Jeder, der schon immer wusste, dass Reiche irre Neurotiker und Exzentriker sind, darf sich durch dieses Buch in seinen Vorurteilen bestätigt fühlen. R.Z.