Kinder sind sehr wissbegierig – bis sie in die Schule kommen. Statistisch stellt ein vierjähriges Mädchen jeden Tag mehr als 300 Fragen – allein an seine Mutter. Die Fragerei endet jedoch mit dem Zeitpunkt seiner Einschulung. Von da an lernt es nur noch Antworten. Als Erwachsene geht uns das Bedürfnis, die Welt zu hinterfragen, dann völlig im Alltag verloren.
Warren Berger hat sich Fragen zum Beruf gemacht. Als Journalist und „Experte für kreatives Denken und Innovation“ lehrt er an verschiedenen Universitäten, an denen er Vorlesungen über innovative Persönlichkeiten leitet. In seinen Studien untersuchte er die kreativsten Köpfe aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, darunter Steve Jobs, Jeff Bezos und Larry Page. Dabei beobachtete er, dass sich die erfolgreichsten Geschäftsleute stets durch eine besondere Fähigkeit auszeichneten: zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen gestellt zu haben.
Fragen zu formulieren, heißt für Berger vor allem die eigene Neugierde zu kultivieren. Einerseits entstehen Fragen aus einem Wissensbedürfnis heraus. Der Historiker David Fischer beispielsweise sah Fragen als „zelebrale Maschinen, die Neugier in kontrollierte Recherche umwandeln“. Viel wichtiger ist es Berger jedoch, wenn der umgekehrte Fall eintritt. Oft ist es das Stellen einer guten Frage, das in uns Neugier weckt. Berger nennt diesen Zustand manchmal auch „die Schönheit der Frage“ (siehe Originaltitel): Damit meint er den besonderen Moment, in dem die Frage den Verstand zu kreativem Denken verführt.
Wie kultiviert man also seine Neugierde richtig? Schnell wird in Bergers Buch deutlich, dass das Stellen einer Frage nicht ausreicht. Wichtig ist vor allem die richtige Auswahl einer Frage. Sie bestimmt, ob und mit welchem Erfolg wir imstande sind, tatsächlich zu innovativen Lösungen zu gelangen. Die Qualität einer Lösung für ein und dasselbe Problem kann also variieren, je nach Auswahl der Frage. Ein Beispiel: „Die wichtigste Grundannahme […] besteht darin, dass positive Fragen, die sich auf Stärken und Aktivposten konzentrieren, in der Regel bessere Ergebnisse bringen als negative Fragen, die sich auf Probleme und Defizite konzentrieren. […] Warum habe ich nicht mehr Geld, keine bessere Stelle, keinen größeren Freundeskreis?“
Wenn die Art der Frage das Ergebnis unserer kreativen Bemühungen optimiert, dann haben Fragen auch wirtschaftliche Relevanz. Das gilt besonders für moderne Wissensökonomien. Unternehmen sind nur dann wettbewerbsfähig, wenn sie den Produktionsfaktor „Wissen“ richtig nutzen. Dazu ist es erforderlich, die kreative Leistung der Mitarbeiter voll auszuschöpfen. Das gelingt aber nur, so Berger, wenn Unternehmer eine Kultur der Offenheit und des Fragens etablieren. Hinweise für eine praktische Umsetzung dieser These werden jedoch vorenthalten. Genauso wie die Frage, wie aus „klugem Fragen“ richtiges Handeln entstehen kann. Stattdessen erzählt der Autor kleine und große Anekdoten von Erfindern und Kreativen, die die Welt mit ihren Fragen auf den Kopf gestellt haben. Bergers Buch will weniger erklären, sondern vielmehr inspirieren. Das Buch bietet daher gute Unterhaltung – fachlich unterlegt sind die Geschichten jedoch kaum. F.D.