Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich in meinem Urlaub 2004 das Buch der beiden Autoren Leuschel und Vogt „Das Greenspan Dossier“ gelesen habe. Ich war damals von der Analyse sehr beeindruckt und sah mich in meiner Meinung bestätigt, dass wir auf eine ungeheure Finanzkrise zustreben – und kaufte direkt nach dem Urlaub Gold, so wie es die Autoren empfohlen hatten. Die Autoren haben mit ihrer damaligen Analyse Recht behalten und die Anleger, die auf ihre Warnungen hörten, waren gut beraten.
Im Gegensatz zu dem Unsinn über das „Versagen des Marktes“ oder des „Kapitalismus“, den man überall lesen kann, vertreten die beiden Autoren der „Inflationsfalle“ die These, „dass die gesamte Entwicklung der vergangenen Jahre, die jetzt ihrem traurigen Höhepunkt zustrebt, keine Folge der Marktwirtschaft ist. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Denn das Entstehen der Immobilienblase wäre ohne die entscheidenden Weichenstellungen der Notenbankbürokraten schlicht und einfach nicht möglich gewesen.“ (S.53).
Die Autoren kritisieren die von Alan Greenspan umgesetzten geldpolitischen Ideen (die auch von seinem Nachfolger Bernanke mitgetragen wurden), die darauf hinausliefen, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. „Die durch eine falsche Geld- und Fiskalpolitik notwendigerweise entstehenden Probleme sollen durch eine Fortsetzung bzw. Verstärkung ebendieser Politik bekämpft werden. Bernanke ist nach dem Platzen der Immobilienblase auf der Suche nach einem noch größeren Teufel, mit dem er Beelzebub verjagen kann.“ (S.39).
Die Politiker verkünden, eine Politik des massiven Staatsinterventionismus sei angeblich ohne Alternativen. „Marktwirtschaftliche Lösungen, eine marktgerechte Bereinigung der Fehlentwicklungen werden nicht zugelassen. Stattdessen versuchen sich die Politiker und ihre Notenbanker in immer weitreichenderen Marktmanipulationen.“ (S.40).
Die Autoren zeigen, dass wir „gerade Zeugen eines einmaligen Experiments staatlicher Wirtschaftseingriffe“ sind. Sie vergleichen die Summen der bei Rezessionen in den USA verwendeten staatlichen Ausgaben für die Ankurbelung der Wirtschaft. In Prozent des BIP waren dies bei den meisten Krisen nur Werte deutlich unter einem Prozent – bis auf die Weltwirtschaftskrise 1929, wo es 3,4% waren. In der aktuellen Finanzkrise betrug die monetäre Ankurbelung des BIP jedoch bereits 18% des BIP in den USA.
Die Folge dieser Politik werde eine Inflation, vielleicht sogar eine Hyperinflation sein. Die Fed und die EZB hätten „die Weichen klar auf Inflation gestellt. Die Bilanzsummen beider Inflationsmacher, die notwendige Grundvoraussetzung jeder weiteren Geldschöpfung durch das Bankensystem, wurden in den vergangenen Monaten dramatisch ausgeweitet. In nur vier Monaten seit Mitte September 2008 stieg die konsolidierte Bilanzsumme der EZB und der nationalen Zentralbanken von 1,5 Billionen Euro auf 2,0 Billionen oder ein Drittel an. In Amerika fielen die Zahlen sogar noch drastischer aus. Die Bilanzsumme der Fed stieg im selben Zeitraum von 950 Milliarden Dollar auf 2,2 Billionen oder 130 Prozent.“ (S.52).
Die tiefere, strukturelle Ursache der Krise liegt aus Sicht der Autoren in der Abkehr von der Golddeckung der Währung, was die Politik zu immer stärkeren Eingriffen in das Finanzsystem verleite. Diese Eingriffe seien die Ursachen für immer schärfere Krisen, welche wiederum mit neuen und noch massiveren Staatseingriffen bekämpft würden. Irgendwann werde dies jedoch zu einer Implosion des Systems führen, das ebenso zusammenbrechen werde, wie seinerzeit die sozialistische Planwirtschaft. Die Autoren sind dezidierte Anhänger eines freiheitlichen, marktwirtschaftlichen Systems, wie es beispielsweise von der Österreichischen Schule der Nationalökonomie vertreten wurde.
Wie können Anleger ihr Vermögen vor der kommenden Inflation, die die Autoren befürchten, schützen? Leuschel und Vogt setzen sich mit den Vor- und Nachteilen der einzelnen Assetklassen auseinander. Interessant ist eine empirische Untersuchung, die belegt, dass Aktien – obwohl sie Sachwerte sind – nur einen sehr unzureichenden Inflationsschutz bieten. In der Hyperinflation Anfang der 20er Jahre verloren Aktienbesitzer zwar – anders als Geldbesitzer – nicht ihr gesamtes Vermögen, mussten jedoch Einbußen von 80% hinnehmen. Über Anleihen muss man nicht weiter sprechen – sie sind ohnehin die Verlierer in jeder Inflation, sieht man einmal von inflationsgeschützten Anleihen ab, die einen gewissen Schutz bieten können.
Auch Immobilien, so die Autoren, bieten nur einen eingeschränkten Inflationsschutz. Inflationen bringen das Preisgefüge einer Volkswirtschaft aus den Fugen. „Deshalb war es während der Inflation in der Zeit der Weimarer Republik möglich, als Immobilienbesitzer aufgrund von Cashflow-Problemen pleitezugehen. Diesen wichtigen Punkt muss man unbedingt kennen, wenn man mit dem Gedanken spielt, Immobilien auf Kredit zu kaufen, um von einer erwarteten Inflation zu profitieren. Es ist durchaus denkbar, aufgrund drastisch steigender Kosten und gleichzeitiger Mietausfälle in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten.“ (S.226) Die Autoren empfehlen vor allem Rohstoffe und Gold zum Kauf. Diese böten den besten Inflationsschutz.
Ehrlicherweise räumen die Autoren ein, dass sie zwar in der Vergangenheit mit ihren Prognosen Recht behalten haben, die weitere Entwicklung jedoch schwer zu prognostizieren sei. In der Tat ist es im Moment schwerer denn je abzuschätzen, wie sich die Lage weiter entwickeln wird.
Den Autoren ist jedoch auf jeden Fall in der Diagnose zuzustimmen, dass ein System, das in immer höherem Maße auf Staatseingriffen basiert, auf Dauer nicht überlebensfähig sein wird. Die Gefahr besteht dann darin, dass die Menschen die schlimmen Verwerfungen nicht dem Staatsinterventionismus anlasten, sondern dem „Kapitalismus“. Extremistische „Lösungen“ der Krise seien daher, so warnen die Autoren, leider nicht auszuschließen.
Sicherlich werden sich manche Leser daran stören, dass das Buch in einem sehr scharfen, anklagenden Duktus verfasst ist. In der Sache, so meine Überzeugung, haben die Autoren jedoch Recht. Ihre Analyse der Krisenursachen ist den herrschenden populären Deutungsmustern, die besagen, „gierige Bankmanager“ und „zu geringe Regulierungen“ hätten die Krise verursacht, weit überlegen.