Von der Gründung des ersten Media Marktes im Jahr 1979 bis hin zu 589 Media-Markt-Standorten weltweit im Juni 2010: Jürgen Cleve – selbst rund sieben Jahre lang als geschäftsführender Gesellschafter eines Media Marktes tätig – führt dem Leser die Erfolgsstory des Marktführers unter den Elektronikfachmärkten detailliert vor Augen. Er wirft einen Blick auf die Strategien, Konzepte und Ideen, die hinter diesem Erfolg stecken, spricht jedoch auch die Herausforderungen an, vor denen das Unternehmen in der Vergangenheit immer wieder stand und bis heute steht. Angefangen mit dem Lebensmitteldiscounter Aldi, der in Sonderaktionen große Mengen an PCs verkauft und somit in das Sortiment von Media Markt vordringt, über missglückte Expansionsvorhaben in Frankreich bis hin zum Kapitel „Online – Offline – Online“. Hier geht Cleve auf die Schwierigkeiten einer Multichannel-Strategie ein: „Media Markt ging online, verabschiedete sich aus dem Online-Handel und steigt nun neu ein“ (S. 196).
Der Leitsatz „Wir sind anders“ von Walter Gunz, einem der vier Unternehmensgründern, brachte Media Markt von Anfang an auf Erfolgskurs. Freche, polarisierende Werbeslogans wie „Media Markt. Ich bin doch nicht blöd.“ oder „Geiz ist geil“ der Schwesterngruppe beziehungsweise des Konkurrenten Saturn gehören zu dieser Andersartigkeit und stehen mittlerweile als Synonym für eine ganze Gesellschaft, die in erster Linie auf den (niedrigen) Preis schaut und auf die Qualität eines Discounters vertraut. Auch die dezentralen Strukturen, die jedem „Medianer“ ein Maximum an Eigenverantwortung übertragen, die 10-Prozent-Beteiligung der Geschäftsführer an ihrem Media Markt und die Dienstwagenregelung werden von Cleve als Symbole des „Anders-Seins“ unterstrichen. Der Autor verdeutlicht anschaulich, wie ungewöhnliche Werbefeldzüge zum geschickten Schachzug werden. Das Media Markt-Tiefpreis-Gesetz aus dem Jahr 2000 steht hier exemplarisch: „Eigens angefertigte Sticker wie der „Media Markt-Sheriff“-Stern – das klassische Symbol des Gesetzeshüters – oder auch eine kleine rote Gesetzes-Bibel erreichten bisweilen Kultcharakter und wurden noch lange Zeit nach Beendigung der Werbeaktion in Auktionshäusern wie eBay gehandelt“ (S. 45).
Cleve gibt auf 214 Seiten bis zu einem gewissen Grad nicht nur Insiderinformationen zu Gehaltsstrukturen und Prämienregelungen preis, sondern geht auch ausführlich auf das Zusammenspiel mit der Metro-Gruppe sowie dem hausinternen Wettbewerber Saturn ein. Nach dem Motto „getrennt marschieren – gemeinsam gewinnen“ nimmt die Media- und Saturn-Gruppe unter den Top 7 der größten deutschen Unternehmen im Bereich Consumer Electronics knapp 46 Prozent des Umsatzes in Anspruch (S. 168).
In seinem Buch stellt Jürgen Cleve die Unternehmensphilosophie und -historie sorgfältig recherchierten Marktdaten sowie einer Vielzahl von eigenen Erfahrungen und Einschätzungen zum Werdegang von Media Markt gegenüber. Immer wieder ergänzt werden die Kapitel durch Zitate des Gründer-Quartetts. So kommentierte Walter Gunz das Leitprinzip im Umgang mit den Media-Markt-Mitarbeitern mit den Worten: „Vertrauen kann man nicht kaufen. Vertrauen kann man auch nicht vereinbaren. Vertrauen kann man nur schenken.“ (S. 205). Das Buch eignet sich für alle Interessierten, die herausfinden wollen, wie die Einzelhandelsbranche und ein namhafter Vertreter dieser „ticken“. Eine Antwort auf die im Buchtitel genannte Fragestellung darf der Leser allerdings nicht erwarten.
