Die „Apotheken Umschau“ im Wartezimmer beim Arzt, der „Centaur“ bei Rossmann an der Kasse und die „Motorwelt“ vom ADAC im Briefkasten – Kundenzeitschriften gehören längst zu unserem Alltag. Kein Wunder, gibt es doch schätzungsweise 15.000 verschiedene Titel und drei Milliarden Exemplare, die jedes Jahr veröffentlicht werden. Damit machen die Unternehmensmedien den Zeitschriften und Magazinen am Kiosk ernstzunehmende Konkurrenz. Ansprechend gestaltet und mit unterhaltsamen Inhalten versehen, ist die Kundenzeitschrift mittlerweile bei vielen Deutschen ein gern gelesenes Medium. Laut einer Umfrage von TNS Emnid lesen rund zwei Drittel mindestens einmal pro Monat eine oder mehrere Kundenzeitschriften.
Doch was macht eine gute Kundenpublikation aus? Welche Unternehmensziele lassen sich damit erreichen? Und wie kann man überprüfen, ob die Zielgruppen das Medium auch wirklich lesen? Diese Fragen beantworten Kurt Weichler und Stefan Endrös in der mittlerweile zweiten Auflage ihres Buches. Beide Autoren gehören zu den erfahrenen Spezialisten der Corporate Publishing-Branche. Ihr Ziel ist es, die Kundenzeitschrift aus ihrer Nische als belächeltes Medium voller Selbstbeweihräucherung und platter Produktpropaganda herauszubekommen. Diese geringschätzende Meinung über die Unternehmenspublikationen ist noch immer weit verbreitet, gehört in vielen Fällen aber längst der Vergangenheit an.
Mit zahlreichen anschaulichen Beispielen wenden sich die Autoren an PR- und Marketingverantwortliche sowie Geschäftsführer und Vorstände, die mit dem Gedanken spielen, regelmäßig eine Zeitschrift für ihre Kunden und/oder Geschäftspartner herauszugeben. Ihnen soll das vorliegende Buch als Einführung in das Thema dienen. So geben die Autoren neben einer Definition des Begriffs Kundenzeitschrift einen Überblick über die Aufgaben und Ziele solcher Medien und die vorhandenen Marktdaten. Besondere Berücksichtigung findet die Erfolgsmessung.
Zu den lobenswerten Beispielen, die die Autoren anführen, gehören das Lufthansa Magazin, The Mini International (BMW) und think:act (Roland Berger). Diese Kundenzeitschriften bieten ihren Lesern Information, Unterhaltung, Integration und Interaktion – die vier Bedürfnisse, die laut Weichler und Endrös jede erfolgreiche Kundenzeitschrift erfüllen sollte. In verständlichen Worten zeigen die Autoren, wie sich die Redakteure und Layouter an den Erwartungen ihrer Leser orientieren sollten: sprachlich runde Texte, interessante Themen und glaubwürdige Inhalte vermitteln Nutzwert und Glaubwürdigkeit. Damit lassen sich Ziele wie Imagepflege, Kundenbindung und Verkaufsförderung am besten erreichen.
Doch wie erfährt der Herausgeber, ob die Kunden sein Unternehmen wahrnehmen, sich mit der Marke verbunden fühlen und die hergestellten Produkte verstärkt kaufen? In diesem Punkt legen Weichler und Endrös den Finger auf die Wunde der Branche, denn die Erfolge der Kundenzeitschriften sind oft nicht zählbar. „Vereinfacht gesagt: Kundenzeitschriften waren erfolgreich, wenn ihre Macher sie für erfolgreich hielten, das heißt, wenn sie den eigenen Erwartungen entsprachen oder diese sogar übertrafen.“ (S. 134) Deshalb ermutigen die Autoren alle Herausgeber, schon bei der Konzeption eines neuen Mediums Wirkungsmechanismen zu berücksichtigen. Ob Feedback-Fragebogen oder die Medienanalyse von Allensbach, Couponaktionen oder Bewertungen durch TNS Emnid – Weichler und Endrös stellen verschiedene Möglichkeiten der Erfolgskontrolle vor, weisen aber dennoch darauf hin, dass hier noch viel Arbeit auf die Corporate Publishing-Branche wartet.
Ein Viertel des Buches widmen Weichler und Endrös der Realisation einer Kundenzeitschrift. Die Ausführungen geben einen groben Überblick, können aber allenfalls als Einführung in das Thema gesehen werden. Über knappe Informationen zu den wichtigsten journalistischen Darstellungsformen und die Grundlagen des Layouts gehen die Autoren nicht hinaus. Wer bereits im Corporate Publishing-Bereich tätig ist und Tipps sucht, um das eigene Tun weiter zu professionalisieren, wird deshalb eher zu weiterführenden Publikationen greifen. Wer sich dagegen erstmalig mit dem Thema befasst, findet in dem Buch von Weichler und Endrös kompakt zusammengefasst viele hilfreiche Informationen.