Bei dem Bahnhofprojekt Stuttgart 21 explodieren die Baukosten, ebenso bei dem Bau der Elbphilharmonie in Hamburg. Wann am neuen Flughafen Berlin die ersten Flugzeuge starten, bleibt ungewiss – ursprünglicher Eröffnungstermin war bereits im Jahr 2012. Immer häufiger muss man sich die Frage stellen, warum Großprojekte in Deutschland offenbar nicht mehr professionell geplant und durchgeführt werden. Wie eine erfolgreiche Planung und Steuerung eines Großvorhabens ablaufen sollte, beschreibt das Autorentrio Burkhard Görtz, Silke Schönert und Kim Norman Thiebus in ihrem Buch “Programm-Management”. Für die Autoren zeigt schon das Wort “Großprojekt” eine grundsätzliche Fehleinschätzung an. Denn Großprojekte weisen eine Komplexität auf, die nur teilweise auf die Ausmaße zurückzuführen ist. Die Autoren sprechen daher stattdessen zunehmend von “Programm”, wenn es um Vorhaben mit besonderer Größe und Komplexität geht. Programm-Management beschäftigt sich folglich mit der Planung, Kontrolle und Steuerung von solchen Programmen. Diese wiederum werden in viele, in Beziehung zueinander stehende Projekte unterteilt. Genutzt wird das Programm-Management bereits in der Autoindustrie, IT- oder Verlagsbranche.
Die angewandte Methode umfasst mehrere Phasen, die in dem Buch Schritt für Schritt beschrieben werden. Veranschaulicht werden die einzelnen Phasen anhand eines fiktiven Beispiels: Ein Dorf muss wegen des Abbaus von Braunkohle umziehen. Der Umzug ist verbunden mit dem Bau eines neuen Dorfes. Das Beispiel wird immer wieder herangezogen, um die Theorie praxisnah zu erläutern.
Die erste Phase der Methode ist der Programmstart. Die Vorgehensweise, wie die Idee umgesetzt werden kann, wird grob zusammengefasst. Anhand von diesem Plan wird überprüft, ob die Idee sich umsetzen lässt und diese auch wirtschaftlich ist. Hält die Idee der Überprüfung stand, werden die einzelnen Projekte vorstrukturiert. Die erste Phase endet mit dem Programm-Kick-off, an dem auch die Manager der einzelnen Projekte beteiligt sind. Mit der Phase des Programm-Setups wird das Fundament gelegt, auf dem alle späteren Aktivitäten aufbauen. Zunächst muss ein umfassendes Bild der Programmbeteiligten, des Programmumfelds und der Umweltfaktoren entstehen. Es muss zudem klar sein, welche Leistungen der Auftraggeber des Projekts erwartet. In der darauffolgenden Phase “Programmplanung” werden Planungsprozesse sowie Management- und Controlling-Prozesse gestartet, um die Feinplanung der Projekte steuern zu können. Wichtig dabei ist, dass alle Beteiligten möglichst auf einer gemeinsamen Datenbasis arbeiten. In der anschließenden Durchführungsphase erfolgt der Bau des Projekts. Die zuvor entwickelten Kontroll- und Managementprozesse werden nun eingesetzt, damit keine starken Abweichungen und Verzögerungen vom Programmplan auftreten. Mit den Abschlussmessungen beginnt die Abschlussphase, in der geprüft wird, ob alle geforderten Leistungen für den Auftraggeber erbracht wurden.
Das Buch soll Studierende ansprechen und Hilfestellung in der Praxis bieten. Die Autoren beschreiben die einzelnen Schritte anschaulich und verdeutlichen diese gut an dem fiktiven Beispiel der Dorfumsiedlung. Die geraffte Zusammenfassung der einzelnen Phasen am Ende des Buches mit Angabe von konkreten Handlungsanweisungen eignet sich gut zum Wiederholen und Einprägen des gelesen Stoffes. J.G.