Professor Gerd Habermann ist einer der wichtigsten liberalen Denker in Deutschland. Ich habe ihn vor zwanzig Jahren kennengelernt – damals war ich Cheflektor des Ullstein-Propyläen-Verlages und brachte sein Buch „Der Wohlfahrtsstaat. Geschichte eines Irrweges“ heraus, das inzwischen ein Klassiker ist.
Das vorliegende, sehr empfehlenswerte Buch ist eine Art Lexikon, aber besonderer Art. Aus konsequent liberaler Sicht werden gängige Begriffe in Frage gestellt oder es wird erklärt, wie Liberale bestimmte Sachverhalte sehen. Ich möchte das im Folgenden an einigen Beispielen aus diesem Buch zeigen – wobei ich die jeweiligen Definitionen bzw. Ausführungen gekürzt habe.
Altersgrenze (gesetzliche)
Ein Anachronismus aus dem 19.Jahrhundert: die gesetzliche Festlegung der Rentenberechtigung und damit des Ausstiegs aus dem Arbeitsleben nach dem Vorbild des Beamtentums. Sie berücksichtigt nicht die Verlängerung der Lebenserwartung und der Leistungsfähigkeit seit dem 19.Jahrhundert um Jahrzehnte und zwingt noch voll leistungsfähigen Menschen einen sogenannten Ruhestand auf. Diese Grenze führt im Zeitalter des demografischen Umbruchs und bei Umlagefinanzierung der Rente zu einer unzumutbaren Belastung der erwerbstätigen Beitragszahler und sprengt auf diese Weise den sogenannten Generationenvertrag.
Armut
Manipulierter Hauptbegriff der Sozialpolitik. Arm ist heute danach jeder, der weniger als das Durchschnittseinkommen bezieht, in der Einkommensskala also unten steht… Das „Existenzminimum“ wird heute kulturell-dynamisch definiert. Es liegt in Deutschland heute höher als das Durchschnittseinkommen Anfang der Fünfzigerjahre. Danach wird es natürlich immer „Arme“ geben, die Marktwirtschaft wird eine so definierte Armut nie beseitigen können. Wer die Macht hat, den Begriff Armut zu definieren, kann damit beliebig viele Arme schaffen.
Bürgerversicherung
Wohlklingendes Projekt sozialdemokratischer Neidökonomie zur Verstaatlichung der privaten Krankenversicherungsbranche. Es geht im Kern darum, der fehlorganisierten gesetzlichen Krankenversicherung eine vorübergehende „Blutzufuhr“ zu verschaffen – ein einmaliger Effekt, der bald verpufft.
Gutmenschen
Im Unterschied zu guten Menschen, die Gutes tun aufgrund eigenen Gewissens und vor allem aus eigenen Mitteln, bezeichnet der Begriff vor allem politisches Personal, das Gutes mit fremden Mitteln, also auf Kosten beraubter Mitmenschen zu tun sucht und aus diesem dubiosen Treiben seinen Lebensunterhalt betreibt, namentlich die Sozialkleptokraten. Urbild des Gutmenschen ist Robin Hood, jener muntere Bandit, der die Reichen ausraubte, um mit der Beute seine armen Freunde zu erfreuen. „Gutmenschen“ sind auch typische Vertreter der „politischen Korrektheit“ mit ihrem Gleichheitsfanatismus im Interesse der sogenannten „Benachteiligten“, von denen sie kein Mandat haben.
Mieterschutz
Gut gemeinter, seit Jahrzehnten in vielen Staaten üblicher Schutz des Mieters gegen Mieterhöhungen, „Wuchermieten“ und Kündigung. Hat wie üblich bei staatlichen Schutzzwängen dieser Art einen sozialen Bumerangeffekt, der auf die zu Schützenden zurückschlägt. Entfernen sich die Schutzbestimmungen zu weit vom Markt und von der Vertragsfreiheit, werden weniger Mietwohnungen gebaut, die vorhandenen nur zögernd vermietet, die Atmosphäre zwischen Eigentümern und Mietern vergiftet. Wenn dann der Staat als Reaktion darauf selbst in einen „sozialen“ Wohnungsbau investiert, der in der Regel teurer ist als der freie, also Mietwohnungen subventioniert, wird das Absurde der Sache sichtbar.
Umlageverfahren
Eine die Bildung von Kapital verhindernde kurzsichtige Art der Finanzierung der Sozialversicherung über Zwangsabgaben. Da keine Rücklagen aufgebaut werden, gerät das System bei jeder ernsten Krise (Arbeitslosigkeit, Demografie) ins Wanken, denn die Beitragszahler können nicht beliebig belastet werden. Viele Sozialversicherte erliegen der Illusion, dass sie mit ihrer „Beitragszahlung“ ihre eigene Rente aufbauen. Indessen bezahlen sie damit nur die Renten der gegenwärtigen Rentner.
Soweit einige Beispiele aus Habermanns Buch. Weitere Begriffe sind beispielsweise:
- „Antidiskriminierung“
- Betriebsrat
- „Ellbogengesellschaft“
- Etatismus
- Eurobonds
- Feminismus
- Generationenvertrag
- Konstruktivismus
- „Marktversagen“
- Mindestlohn
- Soziale Gerechtigkeit
- Umverteilung
- Vermögensteuer
- Zentralbanken
Unbedingt zur Lektüre zu empfehlen! R.Z.