Das erste deutsche Buch zur Subprime-Krise ist sowohl für Leser, die sich üblicherweise mit Finanz- und Wirtschaftsthemen befassen als auch für Laien interessant und lesenswert. Denn einerseits werden grundlegende Zusammenhänge und Begriffe sowohl im Text wie auch in einem ausführlichen Glossar erklärt, andererseits trägt der Autor eine Menge Fakten zusammen, die auch demjenigen, der sich beruflich intensiv mit dem Thema befasst, neue Einsichten vermitteln.
Besonders lesenswert sind die ersten beiden Kapitel, in denen sehr anschaulich die legalen und illegalen Praktiken im Zusammenhang mit den Subprime-Krediten erläutert werden, die Mechanismen der Securitization erklärt und die entsprechenden Produkte – ABS, CDOs usw. – in einer leicht verständlichen Sprache dargestellt werden. Wer bis dahin noch nicht verstanden hat, wie das Geschäft mit Subprime-Krediten und deren Verbriefung funktioniert hat und welche Exzesse es in diesem Zusammenhang gab, wird es nach dem Studium der ersten zwanzig Seiten dieses Buches wissen, die sich spannend wie ein Krimi lesen.
So erfährt der Leser beispielsweise, dass bei fast 60% aller stated income loans, bei denen keine schriftlichen Nachweise wie Einkommensbestätigungen verlangt werden, die Angaben zum Einkommen um mindestens 50% übertrieben waren. Laut einer Analyse der Credit Suisse wurden 2006 in den USA für 276 Mrd. USD Kredite vergeben, für die keine oder nur geringe Einkommensdokumentationen vorgelegt wurden, nach nur rund 30 Mrd. USD an derartigen Krediten noch im Jahr 2001. Das entspricht 46% aller Subprime-Hypotheken, wobei im Februar 2007 davon bereits 12,6% in Verzug geraten waren, gegenüber weniger als 1,5% bei voll dokumentierten Prime-Hypotheken. Beliebt waren vor allem so genannte 2/28-Hypotheken, die mit zwei Jahren mit eher niedrigen Teaser-Raten begannen, worauf 28 Jahre mit sehr hohen Zinsraten folgten. Wurden 2001 nur sieben Prozent aller US-Hypotheken an Kreditnehmer mit schlechter Kreditwürdigkeit vergeben, was einem Volumen von 160 Mrd. USD ergeben hatte, so waren es im Jahre 2006 schon 21% und 600 Mrd. USD.
Die sehr niedrigen und über viele Jahre gesunkenen Zinsen hatten dafür gesorgt, dass Hypothekarkredite selbst schlechter Bonität fast zwei Jahrzehnte lang ausgesprochen niedrige Verlustraten aufgewiesen hatten und die historischen Daten der Banken so gut wie keine Ausfälle verzeichneten. Diese Daten gingen nun in die Bewertungsmodelle ein, anhand derer die Preise der Hypotheken und der darauf basierenden Wertpapiere berechnet wurden. So kompliziert und anspruchsvoll die mathematischen Modelle der Ratingagenturen auch anmuteten – letztlich basierten sie alle auf dem Irrglauben, dass historische Ausfallwahrscheinlichkeiten verlässliche Prognosen über die Zukunft erlaubten.
Einige Kapitel (z.B. Kapitel 5) in dem – wegen der Aktualität wohl mit etwas heißer Nadel gestrickten – Buch dürften für Profis weniger interessant sein, weil hier eher Basiswissen über Hedgefonds, Private Equity, Conduits, SPVs, Staatsfonds usw. vermittelt oder die Geschichte z.B. der Savings-and-Loan-Krise oder das Übernahmefieber und die Junk-Bond-Industrie der 80er Jahre beschrieben werden (Kapitel 6). Für Leser, denen diese Zusammenhänge weniger präsent sind, eignen sich diese Kapitel jedoch, um einen ersten Überblick zu diesen Themen zu erhalten.
In Kapitel sieben, acht und neun wird noch einmal rekapituliert, was Zeitungsleser seit Ende 2006/Anfang 2007 über die Vorboten und den Verlauf der Krise lesen konnten. Abgeschlossen wurde das Buch offenbar im Januar 2008, so dass es einerseits für ein Buch ziemlich aktuell ist, andererseits natürlich die gigantischen Verwerfungen des Frühjahrs und des Sommers 2008 noch nicht berücksichtigt werden konnten. Sicherlich wird das Buch, das wegen der Aktualität des Themas Aufmerksamkeit finden dürfte, bald eine Neuauflage erhalten, in welcher der Fortgang der Geschichte berichtet wird.