Die Autoren dieses Buches geben nicht vor, das ultimative Geheimnis der Geldanlage zu offerieren. Sie offerieren Wichtigeres und Glaubwürdigeres. Sie berichten über die zehn schlimmsten Fehler, die bei der Geldanlage immer wieder gemacht werden. Dieser Ansatz erscheint sehr sinnvoll, denn das Wichtigste beim langfristigen Vermögensaufbau ist in der Tat, zunächst einmal möglichst viele Fallgruben und Fallstricke, die bei der Geldanlage lauern, zu vermeiden.
Implizit enthält das Buch natürlich – im Umkehrschluss – wichtige Regeln, die Geldanleger beachten sollen. Und dies sind die 10 häufigsten Fehler:
- Viele Anleger geben sich der Illusion hin, die Beratung in Sachen Geldanlage sei kostenfrei zu haben. In Wahrheit bezahlen sie die so genannte Beratung natürlich durch Innen- und Außenprovisionen. Es sei eine Illusion, „dass eine provisionsgetriebene Geldanlageberatung möglich ist, in der das Kundeninteresse vor dem Bankinteresse steht“ (S.19). „Der erste und wesentliche Schritt zum Anlageerfolg ist deshalb: Selbst informieren oder einen Berater konsultieren, der nicht von den Provisionen der Produktanbieter leben muss.“ (S.24).
- Der zweite Fehler ist das meist extrem prozyklische Verhalten der Anleger, die dann kaufen, wenn die Kurse gestiegen sind und dann verkaufen, wenn sich eigentlich der Einstieg in den Markt lohnen könnte. „Mitläufertum wird in der Vermögensanlage nicht belohnt“, so bringen es die Autoren auf den Punkt (S.41) und belegen dies mit zahlreichen Beispielen aus den vergangenen zehn Jahren.
- Die alte „Kaufen und halten“-Strategie, die einst von André Kostolany und anderen propagiert wurde, funktioniere nicht mehr immer so uneingeschränkt, wie dies früher vielleicht der Fall war. Die Autoren empfehlen deshalb, im Aktien-Bereich Stop-Loss-Kurse zu setzen (S.50).
- Mangelnde Diversifikation ist der vierte Fehler, den die Autoren anprangern. Sie empfehlen, sich einerseits nicht zu verzetteln und sich auf die wesentlichen Anlagenformen Aktien, Anleihen, Sparanlagen, Immobilien und Gold zu besinnen, andererseits aber, hier eine ausreichend hohe Risikostreuung zu beachten.
- Die Steuerspargier benennen die Autoren zu Recht als die Ursache vieler Übel, was sie mit den früheren Verlustzuweisungsfonds belegen, aber auch mit anderen steuergetriebenen Entscheidungen – zum Beispiel in den Bereichen Aktien, Versicherungen, offene Fonds. Meist diene das Steuerargument nur als „Feigenblatt, damit sich ein Anleger das ihm dargebotene Finanzprodukt nicht allzu genau ansieht und dabei womöglich die mangelhafte Qualität oder viel zu teure Gebührenstruktur durchschauen könnte“. (S. 77). Unverständlicherweise fänden sich immer wieder Anleger, die für ein paar wenige Prozentpunkte über der Rendite einer sicheren Staatsanleihe das Risiko eines Totalverlustes in Kauf nähmen, nur weil sie glaubten, mit einer solchen Anlage Steuern sparen zu können (S.81). Steuervorteile sollten nur als nette Zugabe angesehen werden und niemals der ausschlaggebende Punkt für eine Anlageentscheidung sein (S.88).
- Von Übel seien auch die vergangenheitsbezogenen Performance-Hitlisten bei Fonds und anderen Anlagen, wenn diese als entscheidendes Kriterium für eine Anlageentscheidung dienten. Die Performance in der Vergangenheit sei zwar ein Punkt, der mit in Erwägung zu ziehen sei, aber allzu oft werde der Fehler gemacht, von den Ergebnissen der Vergangenheit vorschnell auf jene der Zukunft zu schließen.
- „Auf Schnäppchenjagd gehen“ – dies sehen die Autoren als siebenten Fehler an. Es sei eben zu einfach, Aktien nur wegen eines niedrigen KGV oder einer hohen Dividendenrendite zu kaufen, ohne die Ursachen dafür zu analysieren, warum das Papier so günstig erscheine.
- Skeptisch sind die Autoren auch mit Blick auf die selbstgenutzte Immobilie, die meist ein hohes Klumpenrisiko darstelle (S.137). Das Mieten einer Wohnung und Immobilienbesitz als Kapitalanlage sei rational betrachtet die sinnvollere Strategie (S.128).
- Ignorieren sollten Anleger auch Modeprodukte, die in bunten Werbebroschüren lautstark angepriesen werden. Modeprodukte seien häufig alter Wein in neuen Schläuchen. „Wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es auch zu schön, um wahr zu sein.“ (S.154).
- Schließlich könne der Anleger viele Fehler schon dann vermeiden, wenn er sich immer des alten Grundsatzes bewusst sei, dass niedrige Renditen meist mit einem niedrigen und hohe Renditeversprechungen meist mit einem hohen Risiko einhergingen.
Das Buch, so schreiben die Autoren, richte sich „vor allem an Privatanleger ohne oder mit nur geringer Vorbildung in der Vermögensanlage“. Nun, das sind natürlich in Wahrheit 98% der Anleger. Viele der hier beschriebenen Fehler werden auch und gerade von Anlegern mit hohem Einkommen und hoher Bildung gemacht – beides schützt beispielsweise weder vor Herdentriebverhalten noch vor steuerorientierten Fehlallokationen.
Das Buch ist leicht verständlich geschrieben, und es sollte Pflichtlektüre in allen Schulen sein. Es enthält zahlreiche Beispiele, die sehr anschaulich die Thesen der Autoren verdeutlichen.
In 95% der Punkte ist der Rezensent mit den Sichtweisen der Autoren einverstanden. Lediglich bei der „Buy and hold“-Strategie bin ich der Ansicht, dass sie im Durchschnitt mehr Nutzen als Schaden bringt, zumal bei ihrer konsequenten Anwendung viele andere in dem Buch beschriebene Fehler (z.B. zur Unzeit Geldanlagen zu verkaufen und zum Zwecke der Provisionsmehrung der Bank laufend das Depot umzuschichten) vermieden werden. Den Kauf einer selbstgenutzten Immobilie werte ich genau deshalb auch positiver: Er zwingt zu einem disziplinierten Sparprogramm und ist daher einer der besten Wege, Vermögen für das Alter aufzubauen