Ben Mezrich erzählt in diesem Buch, das eher wie ein Roman denn wie ein Sachbuch geschrieben ist, die Geschichte von Facebook. Inwieweit seine Version, in der insbesondere der rechtliche Streit um die „Urheberschaft“ der Idee stark akzentuiert wird, den Tatsachen entspricht, kann ich nicht beurteilen. Man wird weitere Bücher zu dem Thema abwarten müssen. Im Folgenden soll jedoch dargestellt werden, wie Mezrich die Geschichte von Facebook erzählt:
Die Geschichte von Facebook, heute das mit großem Abstand erfolgreichste soziale Netzwerk der Welt, begann in der amerikanischen Elite-Universität Harvard. Der Name Facebook kommt von den so genannten Facebooks, die die Studenten an manchen amerikanischen Universitäten zur Orientierung auf dem Campus erhalten. In diesen Facebooks sind andere Kommilitonen abgebildet. Harvard hatte allerdings kein einheitliches Facebook, wohl aber gab es Facebooks für die unterschiedlichen Häuser auf dem Campus.
Mark Zuckerberg studierte in Harvard Psychologie. Eher durch einen Zufall entdeckte er, wie attraktiv soziale Netzwerke sind und wie rasch sie sich ausbreiten können. Ende Oktober 2003 loggte er sich illegal in die Computer von Harvard ein, um die dort verzeichneten und abgebildeten Kommilitonen herunterzuladen. Laut dem Verfasser des Buches war es eigentlich nur ein Spaß, denn er habe die Idee gehabt, die Attraktivität der Harvard-Studentinnen von anderen Studenten vergleichen zu lassen.
Er nannte diese Seite Facemash.com und mailte den Link dazu einigen Freunden. Als er nach einem Seminar auf sein Zimmer zurückkam, stellte er fest, dass sich sein Laptop aufgehängt hatte und nun als Server für Facemash.com diente. Zu seiner Überraschung hatte sich Facemash in rasender Geschwindigkeit verbreitet. Jemand hatte seine Mail an das Institut für Politik weitergeleitet. Zudem erhielten die Mail mit dem Link Frauenorganisationen wie die Latina women’s issues organization oder die Association of Black Women in Harvard, die das Ganze überhaupt nicht lustig und politisch absolut unkorrekt fanden. Mit ihrer Aufregung trugen sie allerdings ungewollt dazu bei, dass noch mehr Studenten neugierig auf die Seite wurden.
Facemash war auf einmal überall. „A Website where you compared two pictures of undergraduate girls, voted on which one was hotter – then watched as some complex algorithms calculated who were hottest chicks an campus – had gone viral throughout the campus. In under two hours, the site had already logged twenty-two thousand votes. Four hundred kids had gone onto the site in the past thirty minutes.”
Für viele andere Studenten wäre es bei diesem Computer-Streich geblieben, aber Zuckerberg begann, darüber nachzudenken, was die rasante Ausbreitung von Facemash bedeutete. Er hatte nicht einfach Bilder von einigen hübschen Mädchen auf eine Website gestellt – von diesen Websites gab es Unzählige –, sondern Facemash hatte Bilder von Mädchen von Harvard auf die Seite gestellt, die die Studenten oft vom Sehen her oder sogar persönlich gut kannten.
Zuckerberg entwickelte in den folgenden Monaten die Idee, mit einer Website bestehende soziale Netzwerke abzubilden – und zwar nicht nur mit Bildern, sondern auch mit Profilen und verschiedenen Applikationen. Jeder Benutzer sollte über eine Profilseite verfügen, auf der er sich vorstellen und Fotos oder Videos hoch laden kann. Auf der Pinnwand sollten Besucher öffentlich sichtbare Nachrichten hinterlassen oder Notizen beziehungsweise Blogs veröffentlichen. Durch eine Beobachtungsliste sollte man über Neuigkeiten, wie zum Beispiel neue Pinnwandeinträge auf den Profilseiten von Freunden, informiert werden.
Zuckerberg nannte sein Projekt „Facebook“. Er erzählte seinem Freund Eduardo Saverin von der Idee, der gleich begeistert war. Da Zuckerberg 1.000 Dollar für das Projekt brauchte, die er selbst nicht hatte, beteiligte er Eduardo mit 30 Prozent an dem Projekt. Kurz darauf kamen noch zwei weitere Studenten hinzu, Dustin Moskovitz und Chris Huges.
Die erste Seite von Facebook begrüßte die Nutzer mit den Worten: „Thefacebook is an online directory that connects people through social networks at colleges. We have opened up Thefacebook for popular consumption at Harvard University. You can use Thefacebook to search for people at your school, find out who are in your classes, look up your friend’s friends, see a visualization of your social network.”
Die Domain von Thefacebook wurde am 12. Januar 2004 registriert. Doch kurz darauf bekam Zuckerberg Ärger, weil andere Studenten behaupteten, er habe ihnen die Idee gestohlen. Nach seinem Facemash-Streich waren sie auf ihn zugekommen und hatten ihn gebeten, ihnen bei der Programmierung einer eigenen Website zu helfen. Sie hatten ihm dafür einen Quellcode zur Verfügung gestellt und behaupteten später, dies sei der eigentliche Ursprung für Facebook gewesen und Zuckerberg habe einen – allerdings nur mündlich geschlossenen – Vertrag gebrochen. Die Studenten beschwerten sich beim Direktor der Harvard Universität, der jedoch den Standpunkt vertrat, die Studenten müssten diesen Streit unter sich erledigen. 2004, im Jahr der Facebook-Gründung, verklagten die Studenten im Namen ihres Unternehmens ConnectU Zuckerberg wegen des vermeintlichen Diebstahls ihrer Ideen. Facebook teilte der Öffentlichkeit mit, man habe sich mit den Klägern geeinigt und dafür 65 Millionen Dollar gezahlt.
Trotz dieser Streitigkeiten breitete sich Facebook rasant aus. Während zunächst nur Harvard-Studenten zugelassen wurden, gab man die Website bald auch für andere Studenten in den Vereinigten Staaten frei. Schließlich wurden auch High Schools und Unternehmen zugelassen. Im September 2006 konnten sich dann auch Studenten an ausländischen Hochschulen anmelden, und schließlich wurde die Seite für beliebige Nutzer freigegeben. Im Frühjahr 2008 wurde die Website auch in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Französisch angeboten, viele weitere Sprachen folgten kurz darauf.
Bereits im Sommer 2010 wurde die magische Marke von 500 Millionen Facebook-Benutzern überschritten, in Deutschland waren es knapp zehn Millionen. Zuckerberg betonte oft, dass er noch über kein fertiges Geschäftsmodell verfüge. Dies hatte er mit den Google-Gründern gemein. Zuckerberg war ebenso wie Larry Page und Sergej Brin der Meinung, genug Möglichkeiten zum Geldverdienen würden sich schon ergeben, wenn es erst einmal genügend Nutzer gäbe und man eine dominierende Marktstellung einnähme. Möglicherweise stellt beispielsweise personalisierte Werbung eine sehr einträgliche Einkommensquelle dar.
Dass mit Facebook irgendwann auch sehr viel Geld verdient werden könnte, davon konnte Zuckerberg rasch zahlreiche Finanzierer überzeugen. 2004 begann es relativ bescheiden mit einer Summe von 18.000 Dollar, die sein Freund Eduardo Saverin beisteuerte. Im Juni des gleichen Jahres kam der Internet-Investor Peter Thiel hinzu, der 500.000 Dollar gab. Ihm gehören heute 7 Prozent von Facebook, was bei einem geschätzten Marktwert von 10-15 Milliarden Dollar heute einem Wert von über einer Milliarde Dollar entspricht. Wie wertvoll das Unternehmen eingeschätzt wird, sieht man daran, dass Microsoft bereits im Oktober 2007 einen Anteil von nur 1,6 Prozent für 240 Millionen Dollar erwarb. Die hohe Summe zahlte Microsoft auch deshalb, um seinen Konkurrenten Google von einer Beteiligung abzuhalten. Im Jahr 2009 erwarb die russische Investment-Firma Digital Sky Technologies weitere Anteile für 400 Millionen Dollar – sie besitzt heute 6,9 Prozent der Firmenanteile.
Mehrfach versuchten andere große Unternehmen, Facebook komplett zu kaufen. Viacom bot im Jahr 2007 750 Millionen Dollar, und Yahoo machte ein Angebot von etwa einer Milliarde Dollar. Zuckerberg lehnte jedoch all diese Angebote ab. Bis dahin hatte Facebook allerdings nur Verluste gemacht. Im Jahr 2009 überstiegen die Einnahmen erstmals die Ausgaben. Es wird erwartet, dass Facebook irgendwann an die Börse gehen wird.