empfohlene-wirtschaftsbuecher: Sie zeichnen in Ihrem Buch ein dramatisches Bild von der wirtschaftlichen Zukunft Deutschlands. Derzeit geht es Deutschland jedoch besser denn je – die Exporte boomen, die Arbeitslosigkeit geht zurück. Finden solche Warnungen vor diesem Hintergrund Gehör?
Günter Ederer: Der momentane Wirtschaftsboom zeigt doch am besten, wie sehr das wirtschaftliche und gesellschaftliche Fundament unseres Landes zerstört ist. Eigentlich müssten jetzt die Realeinkommen deutlich steigen, die Steuermehreinnahmen in den Haushalten zu Überschüssen führen, damit Schulden abbezahlt oder Reserven gebildet werden können. Das Gegenteil ist der Fall: Es müssen weiter Milliardenschulden angehäuft werden, um den Schein eines Staates zu wahren, bei dem alles in Ordnung ist. Die Löhne steigen zwar, aber das spüren die Arbeitnehmer kaum. Das völlig ungerechte Steuersystem kassiert sie progressiv ab und immer neue Abgaben und Gebühren plündern ihre Kassen. Die Sünden der vergangenen Jahre werden durch dieses Zwischenhoch nicht beseitigt, sondern es wird sogar noch weitergesündigt. Am Beispiel der Energiepolitik wird Deutschland noch die letzten Ansätze einer Marktwirtschaft beseitigen und wir werden in eine Planwirtschaft hineingleiten, in der sich die SED auch wiederfinden würde.
Auf diese Zusammenhänge mache ich in dem Buch aufmerksam und die Reaktionen zeigen mir, dass dies immer mehr Mitbürger aufrüttelt. Dass die politische und kultutbestimmende Machtebene versucht mein Buch totzuschweigen ist da nur selbstverständlich.
empfohlene-wirtschaftsbuecher: Seit Sie Ihr Buch veröffentlicht haben, hat sich die EU-Schuldenkrise zugespitzt. Was würden Sie nach den letzten Ereignissen hinzufügen?
Ederer: Als ich das Buch schrieb war die Griechenlandkrise noch nicht eskaliert. Jetzt würde ich ein Kapitel hinzufügen, in dem ich beschreibe, wie eine politische Machtelite versucht, gegen die Märkte anzurennen und ähnlich einer Vodoo-Beschwörung in ihren Dauerkonferenzen das Wunder erbitten, dass sich in Griechenland eine wundersame Geldvermehrung ereignen wird. Sie hoffen, den Nachweis zu erbringen, dass man mit einer Hungerkur Muskeln eines Hochleistungssportlers erreichen kann. Es sind dieselben politisch Verantwortlichen, die zugelassen haben, dass sich die Euroländer über ihre eigenen Maßstäbe hinweg gesetzt und mit Schulden ihre Wahlsiege erkauft haben. Sie versuchen jetzt wieder die Realität und die Märkte zu überlisten und werden damit nicht nur den Euro, sondern die Stabilität des politischen Europas gefährden, wenn nicht gar zerstören.
empfohlene-wirtschaftsbuecher: Auf Seite 74 schreiben Sie: „Bis auf wenige Ausnahmen gehören alle Milliardäre zu den Kapitalisten, vor denen der Kapitalismus gerettet werden muss. Sie verdanken ihr Vermögen vor allem fehlenden Regeln, die Monopole verbieten und mehr Wettbewerb erzwingen.“ Gibt es wirklich nur wenige Ausnahmen? In meinem Buch „Setze dir größere Ziele“ habe ich ganz viele positive Beispiele aufgeführt, z.B. der Brite Richard Branson, die beiden Google-Erfinder, Mark Zuckerberg von Facebook, Steve Jobs von Apple, Warren Buffett, Michael Bloomberg, Michael Dell, Sam Walton, Larry Ellison, Ingvar Kamprad von Ikea, Ted Turner von CNN, die Erfinder von SAP und viele andere mehr. Keiner von denen hat ein Monopol errichtet, vielmehr haben diese durch ihre Firmen und Produkte vielen Konsumenten einen erheblichen Mehrwert gebracht.
Ederer: Die von Ihnen aufgezählten Unternehmer haben sich in der Tat in extrem umkämpften Wirtschaftszweigen durchgesetzt, in Märkten, die nicht von Staaten subventioniert oder geschützt wurden. Aber was ist mit den Energiemärkten, den Mobilitätsmärkten, mit den Agrarmärkten? Hier werden Monopole verteidigt oder mit pseudonationalen Begründungen einer Agrarelite zum Beispiel Milliarden zugeteilt. Gerade weil ich mich als Neoliberalen bezeichne, bin ich für gleiche Spielregeln für alle, die auch ein Gleichgewicht der Kräfte wiederspiegeln. Die völlig intransparenten Geschäftsgebaren der Banken, die jeglicher wirksamen Kontrolle entkommen waren, haben im Zusammenspiel mit überforderten Politikern Milliardenschäden angerichtet, die entgegen der fairen Marktprozesse nicht von den Verursachern, sondern von den Steuerzahlern getragen werden müssen. Diese Kriegsgewinnler mit ihren exorbitanten Selbstbedienungsbonis bezeichnen sich als Kapitalisten und berufen sich auf den Kapitalismus. Und genau vor denen muss sich eine freie Gesellschaft schützen, weil sie mit ihrem Verhalten die besten Propagandisten der gleichmacherischen Sozialisten aller Schattierungen sind. Sie schaden dem Kapitalismus mehr als alle Gysis und Wagenknechts zusammen.
empfohlene-wirtschaftsbuecher: Sie fordern in Ihrem Buch eine massive Vermögensabgabe für Reiche. Werden diese nicht heute schon mit einem Spitzensteuersatz inkl. Soli von fast 50% genügend zur Kasse gebeten? Befürchten Sie nicht, dass die Politik Vorschläge wie Ihren aufgreift, aber dann dennoch munter mit dem von Ihnen zu Recht kritisierten Geld ausgeben weitermacht – vielleicht sogar noch beschleunigt, da wieder mehr Geld in den Kassen ist?
Ederer: Ob sie es wollen oder nicht: Die hohen Einkommen werden in der zu erwartenden Krise zur Kasse gebeten. Heute schon erleben die Forderungen für Sondersteuern für Reiche, Vermögensabgaben, erhöhte Erbschaftssteuern etc. eine Renaissance. Dies wird sich nicht ändern, solange der Haushalt von einer Schuldenorgie in die nächste taumelt.
Gleichzeitig ist Deutschland dank einer chaotischen Steuergesetzgebung ein Steuerparadies für die „Wissenden“. Die neuste Begünstigungsorgie für Kapital- und Landbesitzer läuft gerade bei den Subventionsmilliarden für Sonne-, Wind- und Biogasstrom. Mein Vorschlag einer einmaligen Abgabe, sozusagen ein vorgezogener Lastenausgleich in einem Volumen, das niemanden zwingt, auch nur ein Glas Champagner weniger zu trinken, wäre die Chance der Entschuldung und damit auch die Chance für einen marktwirtschaftlichen Neuanfang, ohne die ständigen Forderungen nach einer höheren Belastung für die arbeitenden und erfolgreichen Mitbürger.
Natürlich ist das nur möglich, wenn es danach eine Schuldenbremse und ein Subventionsverbot gibt, dass auch nicht umgangen werden kann. Mein Vorschlag wird daran scheitern, weil niemand das Vertrauen in den Staat hat, dass er sich dann auch an diese Verbote hält. Mein Vorschlag wird nicht daran scheitern, dass die heutige Besitzelite nicht bereit wäre, diesen einmaligen Lastenausgleich mit zutragen.
empfohlene-wirtschaftsbuecher: Wie waren bislang die Reaktionen auf Ihr Buch? Wie viele Exemplare wurden schon verkauft, haben Sie auch von Vertretern der Politik und der Wirtschaft Zustimmung erfahren?
Ederer: Die Reaktionen auf mein Buch waren bis auf ganz wenige Ausnahmen positiv bis enthusiastisch. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht aufgefordert werde, eine neue Partei zu gründen. Die Menschen die sich für Politik und Wirtschaft interessieren sind das abgenutzte Palaver der Berufspolitiker leid, das auf den gleichen Nenner hinausläuft: Die einen wollen unsere dringenden Probleme nicht lösen und die anderen sagen, sie können es nicht. Also bleibt alles beim Alten und die Scheingefechte im Wahlkampf spiegeln nur noch inhaltlose Polemik wieder. Die klare Sprache meines Buches ist deshalb für die Leser wie eine Befreiung. Aus CDU/CSU, SPD und FDP-Kreisen habe ich von vielen Parteimitgliedern und Funktionsträgern Zustimmung erfahren. Rainer Brüderle hat das Buch ja auch bei Dussmann in Berlin vorgestellt. In der Spitze der Union wird es mit Nichtbeachtung abgetan, was angesichts meiner Beschreibungen der Kanzlerin auch nicht verwunderlich ist.
Die erste Auflage von 8000 Stück war nach 8 Wochen verkauft, was angesichts der Tatsache, dass der Eichborn-Verlag mehr oder weniger Pleite ist und kein Geld mehr für Werbung oder sonstige verkaufsfördernde Aktionen hat, zeigt, dass sich das Buch durch Mundpropaganda gut verkauft. Die 2. Auflage ist jetzt unterwegs.
Die Besprechung zu diesem Buch finden Sie hier:
Träum weiter, Deutschland! Politisch korrekt gegen die Wand, Eichborn Verlag, 2011