Ein Autounfall nach einer Disconacht endet für den damals 18jährigen Thomas Geierspichler mit einer Querschnittslähmung. Die Schilderung, wie es ihm nach dem Unfall im Krankenhaus und in der Reha-Klinik ging, berührt zutiefst. Sicherlich kann ein Mensch, der Vergleichbares nicht selbst erfahren hat, die psychischen und körperlichen Leiden nicht annähernd ermessen, und doch bekommt man eine Ahnung davon, was es heißt, sich auf einmal nicht oder fast nicht mehr bewegen zu können – so etwa, nicht mehr kontrolliert bzw. auf natürlichem Wege Harn lassen zu können.
Geierspichler fiel danach in ein tiefes Loch, nahm Drogen und Alkohol, verzweifelte an seinem Schicksal, am Leben, an sich selbst. Aus diesem tiefen Tal halfen ihm drei Dinge: der Glaube an Gott, der Sport und eine klare, ehrgeizige Zielsetzung. Er fing an, sich für Sport zu begeistern, konkret: für Rennrollstuhlfahren.
Am Anfang standen der Glaube und das Ziel, etwas Besonders zu erreichen, trotz der Behinderung. „Ich wusste, was ich wollte. Ich wusste, in welche Richtung ich gehen sollte. Ich wusste nur noch nicht, welche Schritte ich setzen musste, um mein Ziel zu erreichen.“ Aber, so seine Philosophie, dies sei auch gar nicht notwendig. „Man soll sich nicht in einzelnen Teilzielen verzetteln, sondern warten und sensibel werden für die Zeichen und Visionen, die einem zugetragen werden. Einfach vertrauen. Und wenn man die Zeichen erhält, muss man ihnen nur noch folgen. Ich vertraute in meiner Situation darauf, dass Gott sich im richtigen Moment ‚melden’ würde. Ich trainierte einfach, so viel ich konnte, immer weiter, Liegestütze, Hanteltraining. Und währenddessen war ich die ganze Zeit in Bereitschaft, die Zeichen zu empfangen, die mich erreichen würden.“ (S.64 f.)
Er entwickelte einen ungeheuren Ehrgeiz, war mit dem Erreichten nie zufrieden. „Ich erlangte in dieser Zeit eine besondere Erkenntnis. Es geht immer darum, zwar mit dem zufrieden zu sein, was man schon erreicht hat, aber man darf sich niemals damit zufriedengeben. Wenn man sich mit etwas zufriedengibt, beginnt die Stagnation. Dann geht nichts mehr weiter.“ (S. 72)
Die mentale Einstellung war für ihn ein wichtiger Faktor, einen Sieg nach dem nächsten im Behindertensport zu erringen. Ein Sport, der heute genauso harter Leistungssport ist – vielleicht sogar noch härter – wie der Sport für Menschen ohne Behinderung. Er wollte sich „unrealistische Ziele“ setzen, so betonte er. „Klar, der Zweifel, dass man das schaffen kann, beruht auf Erfahrung, aber wer sagt mir denn, dass man sich da nicht täuschen könnte? Vielleicht würde es eine Überraschung geben. Wo soll der Reiz sein, wenn ich immer das bekomme, was ich realistischerweise erwartet habe? Das ist doch langweilig.“ (S.96).
Tief beeindruckt hat mich, was die Amerikaner machen. Nach der Siegerehrung der World Series in Atlanta wurden die Top Ten der Rennrollstuhlfahrer in ein Reha-Zentrum gebracht, wo sie Menschen, die erst seit kurzem querschnittsgelähmt waren, zeigen konnten, dass das Leben mit diesem Schicksalsschlag nicht zu Ende sein muss, dass es sogar glückliche Menschen gibt, die im Rollstuhl sitzen. „Da sind uns die Amerikaner um Meilen voraus. Die denken sich wirklich etwas dabei. Ich sah mich selbst, wie ich noch vor einigen Jahren genauso dagesessen war und mit meinem Leben nichts anzufangen wusste. In vielen dieser Gesichter sah ich mein eigenes. Und heute saß ich auf der Bühne und gehörte zu den besten Rennrollstuhlfahrern auf der Welt.“ (S.151 f.)
Der Autor erzählt eine sehr überzeugende und inspirierende Erfolgsgeschichte, die mich tief berührt hat. „Natürlich waren nicht alle Zeiten rosig. Nein, bei Gott nicht. Oft war es schwierig. Sehr schwierig. Und auch hart. Ich hatte niederschmetternde Erlebnisse, Erlebnisse, die an meinen Grundfesten gerüttelt haben. Die manchmal sogar meine Grundfeste zerstört haben. Aber ich kam wieder aus diesen Löchern heraus. Immer und immer wieder. Durch die Kraft der Vision. Durch den Glauben. Durch den Glauben an den Glauben.“ (S. 192)
Wer dieses Buch liest, wird dreierlei finden: Dass die vermeintlichen „Probleme“, mit denen wir jeden Tag zu kämpfen haben, eigentlich lächerlich und unbedeutend sind. Dass wir Gott danken sollten für die Gesundheit und Kraft, die er uns gegeben hat. Und dass wir viel mehr erreichen können in unserem Leben, als wir uns oftmals zutrauen. Wie viel Kraft musste Geierspichler aufwenden, bis er zahlreiche Weltrekorde erzielte und Gold bei den Paralympics in Peking gewinnen konnte? Und was können Sie und ich als Menschen ohne Behinderung erreichen, wenn wir uns diese Ambition, diese Zielsetzung, diesen Glauben und diese ungeheure Lebensenergie zum Vorbild nehmen?