„In unserer Gesellschaft“, so der Autor dieses Buches, „reden die Menschen eher noch über Sex als über ihr Bankkonto.“ (S.9) Mit dem Buch will er den Leser anregen, über sein Verhältnis zum und seine Glaubenssätze über Geld nachzudenken. „Es soll das Verständnis von Geld vertiefen und den Lesern Anleitungen liefern, wie sie ihr eigenes Verhältnis zu Geld ergründen und sich von unbewussten Überzeugungen lösen können, um auf dieser Basis eine freie Entscheidung darüber zu treffen, welchen Stellenwert sie Geld in ihrem Leben einräumen wollen.“ (S. 18)
Immer wieder sei zu beobachten, dass Menschen, die sonst in ihrem Beruf erfolgreich seien und als Experten ein tiefes Verständnis komplexer Zusammenhänge hätten, mit Blick auf Geldangelegenheiten irrationale Vorurteile pflegten. Der Autor berichtet sogar vom Fall des Finanzvorstandes eines großen Konzerns, der also von Geldangelegenheiten eigentlich eine Menge versteht, der jedoch in seinem Privatleben in finanzieller Hinsicht extrem unglücklich agierte. „Im weiteren Gespräch zeigte sich, dass dieser Manager unter einem gestörten Verhältnis zu Geld leidet, das ihm bis dahin nie bewusst geworden ist. Geld ist für ihn im Grunde seines Herzens etwas Verwerfliches, das die Menschen verdirbt und das er deshalb von sich fernhalten muss. So hinderte ihn seine unterschwellige Ablehnung von Geld daran, sein hohes Einkommen gewinnbringend anzulegen.“ (S.15).
Das klingt einleuchtend – und das habe ich auch immer wieder erlebt: Wer Geld nicht mag, den mag das Geld auch nicht. Viele Menschen sagen einfach: „Ich mache mir nichts aus Geld“. Meist, so der Autor, hätten solche Glaubenssätze wenig mit tiefen Lebenseinsichten zu tun, „sondern sollten vielmehr überdecken, dass wir unsere Lebensziele nicht erreicht haben“ (S. 30). Ein anderer häufig zitierter Satz: „Geld macht nicht glücklich“. Eine banale Aussage, die ebenso tiefgründig ist wie die These, dass Schokolade allein nicht glücklich macht. Aber wer wollte, so fragt der Autor, ernsthaft bestreiten, „dass materieller Wohlstand dazu beiträgt, ob sich jemand glücklich fühlt oder nicht“ (S.28).
Dabei vertritt er durchaus nicht den entgegengesetzten Standpunkt, dass Geld eine überragende Bedeutung spielen solle. Im Gegenteil. Geld sei heute eine „moderne Ersatzreligion“ geworden und die Jagd nach Geld entspringe bei vielen Menschen einem Wunsch nach Spiritualität (S.58). Obwohl Geld eigentlich nur Mittel zum Zweck sei, stellten sich viele Menschen, die nach Geld strebten, die entscheidende Frage nach dem Zweck gar nicht mehr.
An vielen Stellen des Buches zeigt der Autor überzeugend auf, dass Geld eine hochemotionale Angelegenheit ist. Es seien die verborgenen Grundüberzeugungen über Geld, die einem so lange im Wege stünden, bis man beginne, sich diese bewusst zu machen und darüber nachzudenken. „Und da kaum ein Wirtschaftsgut emotional so aufgeladen ist wie Geld, spielen unsere Emotionen in den finanziellen Aspekten unseres Lebens eine besondere Rolle.“ (S. 136) Geld sei eine Projektionsfläche für starke Gefühle wie Angst, Gier usw. Es sei daher abwegig, wenn wir versuchten, „unser Verhältnis zu Geld als etwas Rationales darzustellen“. Geld rührte an unseren innersten Gefühlen, die unseren Verstand in Bezug auf Geld immer wieder aussetzen ließen (S.149).
Fast jeder möchte in Wahrheit mehr Geld besitzen, als er heute hat. Die erste Frage, die sich jeder sollte, laute jedoch: Wozu will ich mehr Geld? Das Phantastische am Geld sei gerade, dass man diese Frage nicht beantworten brauche, da Geld ja alle Optionen offenlasse. „Es verschafft eine generelle Kaufkraft, die keine sofortige Antwort auf ihre Verwendung erfordert. Das ist ja gerade einer der Gründe für den Erfolg des Geldes in der Geschichte der Menschheit: Kaufkraft zu speichern, um die Entscheidung in die Zukunft zu verlagern, wofür man sie verwenden will.“ (S. 203).
Ich habe in meinem Buch „Setze dir größere Ziele“ auch ein Kapitel dem Thema Geld gewidmet – und darin gezeigt, dass sich selbst bei Milliardären die Gründe für ihr Streben nach Reichtum ganz erheblich unterscheiden. Ist das aber nicht gerade das Schöne an Geld, dass es so Vieles sein kann? Es kann „geprägte Freiheit“ sein, es kann Sicherheit vermitteln, es kann Maßstab für den Erfolg sein – und vieles andere mehr.
Das Buch des FAZ-Wirtschaftsredakteurs ist empfehlenswert, weil es jeden Leser intensiv anregt, über sein eigenes Verhältnis zum Geld nachzudenken. Und dies ist auch nach meiner Meinung noch wichtiger als das Wissen über einzelne Finanzanlagen, das natürlich auch nicht fehlen sollte. Wenn ich jedoch von unbewussten Einstellungen wie etwa „Geld verdirbt den Charakter“ geleitet werde, dann kann ich alles Wissen der Welt über Finanzprodukte haben und werde dennoch dauerhaft finanziell nicht erfolgreich sein können.
Diese Rezension wurde geschrieben von Dr. Rainer Zitelmann.