Zweifelsohne ist Carsten Maschmeyer eine der erfolgreichsten und interessantesten, zugleich aber auch eine der umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Finanzindustrie. Er brach sein Medizinstudium ab, schloss sich der Vertriebsorganisation OVB an, gründete nach seinem Ausscheiden den AWD, brachte ihn erfolgreich an die Börse, verkaufte ihn schließlich und verdiente mit all dem mehrere Hundert Millionen Euro. Die Yellow-Press interessiert sich für ihn, seit er mit der Schauspielerin Veronica Ferres liiert ist und jüngst spielte er auch eine Rolle wegen seiner guten Beziehungen zu Christian Wulff.
Das vorliegende Buch ist allerdings keine Autobiografie, sondern es ist ein klassisches „Erfolgsbuch“, das dem Leser zeigen will, wie man Erfolg im Leben hat. Die Beispiele in dem Buch stammen teilweise aus Maschmeyers Biografie, teilweise zitiert er Persönlichkeiten, die er im Lauf seines Lebens mehr oder minder gut kennengelernt hat. Darunter sind Spitzenmanager wie Josef Ackermann oder Reto Francioni, Staatsmänner wie Kofi Annan oder Bill Clinton, Größen aus der Showbranche wie Thomas Gottschalk oder George Clooney und Politiker wie Gerhard Schröder. Manche davon kennt oder kannte er sicherlich sehr gut, einige hat er offenbar nur einmal bei einem Abendessen oder einem gesellschaftlichen Ereignis kurz gesprochen – deshalb kann sich der Leser nicht ganz dem Eindruck entziehen, dass der Bezug auf diese Namen oftmals eher name-dropping ist als wirklich Ergebnis einer Analyse der Erfolgsrezepte dieser Personen.
Um es kurz zu machen: Alles, was Maschmeyer zum Thema „Erfolg“ sagt, kann ich unterstreichen – und zwar nicht nur einmal, sondern mehrfach ausdrücklich. „Neu“ davon ist kaum etwas, sondern es ist eher eine Exegese von Autoren wie Joseph Murphy, Napoleon Hill, Dale Carnegie, Bodo Schäfer u. a. – freilich, ohne dass Maschmeyer diese explizit zitiert. Daran sollte sich aber niemand stören, denn kein Autor von Erfolgsbüchern kann für sich beanspruchen, alleine die Gesetze des Erfolges entdeckt und formuliert zu haben, sondern jeder baut natürlich auf dem auf, was vorher auch schon gedacht und formuliert wurde.
Neben manchen banalen Formulierungen finden sich häufig auch sehr schöne, einprägsame Sätze, die wichtige Aspekte des Erfolgsdenkens anschaulich auf den Punkt bringen:
„Aus den Luftschlössern von heute werden die irdischen Paläste von morgen.“ (S. 25)
„Wenn Sie immer nur das tun, was alle anderen machen, ist das so bereichernd wie zusätzliches Wasser im Ozean.“ (S. 196)
„Fast jede Erfolgsgeschichte von berühmten Menschen ist auch eine Geschichte über deren Misserfolge.“ (S. 252)
An eigenen Beispielen demonstriert er, wie vorübergehende Misserfolge oft die Basis für noch größere Erfolge waren. So erinnert er sich, wie er 1987 aus der OVB gedrängt wurde. Er habe sich dort „regelrecht gemobbt“ gefühlt, vielleicht auch deshalb, weil er mit seinen Leuten in Hannover für die Hälfte des gesamten Firmenumsatzes verantwortlich gewesen sei. „Als der Aufhebungsvertrag schließlich unterschrieben war, hatte ich sogar Tränen in den Augen und glaubte, dass das für mich das Ende sei. Dabei war dieser Moment rückblickend betrachtet einer der positivsten meines Berufslebens: Durch den nicht völlig freiwilligen Abschied fühlte ich mich geradezu genötigt, mein eigenes Unternehmen zu gründen.“ (S. 65f.) Dies war die Geburtsstunde des AWD.
Maschmeyer kündigt am Beginn seines Buches an, auch eigene Fehler selbstkritisch zu thematisieren. Beispielsweise räumt er auf S. 82f. unumwunden eine missglückte Krisen-PR ein. Als Kommunikationsberater füge ich hinzu: Die Kommunikation in eigener Sache war sicherlich nie Maschmeyers Stärke.
Als jemand, der beruflich die letzten 15 Jahre in der Immobilien- und Fondsszene verbracht hat, wartete ich etwas ungeduldig, was er zum Thema der vom AWD vertriebenen geschlossenen Fonds zu sagen hat. Dies geschieht erst auf den Seiten 323 und 352. Und was Maschmeyer hier ausführt, ist ein wenig enttäuschend und entspricht auch nicht seinen eigenen Prinzipien, die er in diesem Buch postuliert.
Maschmeyer sagt auf Seite 201 ganz richtig, jeder Mensch und vor allem jeder Unternehmer müsse die volle Verantwortung für sein Handeln übernehmen und es bringe nichts, die Schuld bei anderen zu suchen. „Wer beispielsweise sagt: ‚Das Glas ist umgefallen’, der verschleiert seine Verantwortung. Sagen Sie also lieber wahrheitsgemäß: ‚Ich habe das Glas umgekippt.’“ (S. 201) Genau dies tut Maschmeyer beim Thema geschlossene Fonds nicht.
Seine Argumentation verläuft vielmehr so: Geschlossene Fonds galten „lange als lukrativ… – so wurden sie jedenfalls über Jahre in den Medien gepriesen und von nahezu allen Finanzinstituten angeboten. Mir gegenüber wurden sie sogar von mehreren Anlagekritikern als lohnendes Investment für unsere Kunden empfohlen.“ (S. 232). Das klingt so, als sei ihm der Vertrieb dieser Produkte fast aufgedrängt worden bzw. als habe er sich dem Thema gar nicht entziehen können. Für die Prozesse, die wegen Beratungshaftung gegen den AWD geführt werden, hat er nicht viel Verständnis: „Obwohl die Kunden das Geld dem Produkthersteller anvertraut hatten, werden dafür oft die Vermittler kritisiert.“ (S. 323).
Nur scheinbar selbstkritisch räumt Maschmeyer ein, er habe sich damals für die schlechte Performance dieser Produkte nicht verantwortlich gefühlt und sich gesagt: „Da sollen sich doch die Anbieter dieser Produkte… drum kümmern.“ Er habe sich sozusagen als „Kellner“ gesehen und gedacht: „Da sollen sich die Kunden doch beim Koch oder direkt beim Betreiber des Restaurants beschweren.“ Heute, so Maschmeyer, sehe er das anders, denn „auch in der Gastronomie ist es eben immer der Kellner, der die Beschwerden unzufriedener Gäste zu hören bekommt“. Und dieser könne auch nicht einfach antworten: „Dann schimpfen Sie doch mit dem Koch!“ Heute würde er – was auch immer dies heißen mag – „die Sache ganzheitlicher handhaben“. (S. 353)
Der Vergleich mit dem Kellner ist jedoch schief. Der Kellner in einem Restaurant wählt bekanntlich nicht die Speisen aus und hat auch keinen Einfluss auf die Speisekarte. Der AWD hat jedoch genau damit geworben, dass er die für die Kunden besten Finanzprodukte auswähle. Wettbewerber des AWD wie die DVAG oder MLP haben in den 90er Jahren gar keine geschlossenen Fonds vertrieben, andere haben geschlossene Fonds vertrieben, aber bessere Produkte ausgewählt. Der AWD hat dagegen bei den geschlossenen Fonds fast immer konsequent daneben gegriffen, weil er gerade nicht die guten, sondern jeweils die schlechtesten Fonds für seinen Vertrieb ausgewählt hat, so etwa die Dreiländerfonds, Banghard-Fonds, Falk-Fonds und andere. Das Auswahlkriterium war eben eher die Höhe der Provision als die Qualität des Produktes. Ich denke, Maschmeyer hätte mehr Souveränität gezeigt, wenn er dies ebenso unumwunden selbstkritisch in seinem Buch eingeräumt hätte, wie er dies seinen Lesern zu Recht empfiehlt.
Das Buch hätte damit noch an Glaubwürdigkeit gewonnen, und Maschmeyer selbst auch. Obwohl er die Bedeutung von Kommunikation immer wieder betont, bleibt die Kommunikation zu kritischen Themen die größte Schwäche von Maschmeyer – und dies ist dann auch die Ursache dafür, dass sein Image nicht so ist, wie er es sich selbst wünscht.
Trotz dieser kritischen Anmerkungen: Das Buch ist uneingeschränkt lesenswert. Wer all das berücksichtigt, was Maschmeyer empfiehlt, ob nun zum Thema „Networking“, zum Thema Vertrieb, zum Zeitmanagement oder auch ganz generell zum Thema Zielsetzung und Erfolgsplanung, wird mit Sicherheit in hohem Maße davon profitieren. Ein kritisches Gespräch würde ich an Stelle des Autors mit dem Lektorat führen, denn leider wurde das Manuskript insgesamt nicht gut lektoriert, was sich nicht nur an den vielen Druckfehlern zeigt. Vielleicht können ja bei einer erneuten Auflage, die dem Buch unbedingt zu wünschen ist, nicht nur die Druckfehler korrigiert, sondern auch manche anderen Passagen – wie etwa die zu den geschlossenen Fonds – noch einmal überarbeitet werden. Das Buch würde dadurch gewinnen. R.Z.
Diese Rezension wurde geschrieben von Dr. Rainer Zitelmann.