Um es vorweg zu sagen: Der Vermögensmanager Bert Flossbach sowie dessen Kapitalmarkt-Spezialist Philipp Vorndran haben ein überzeugendes Buch geschrieben, das sich ebenso sachkundig wie kritisch mit der verfehlten Politik der Euro-Rettung auseinandersetzt. Dabei wird eine gute Balance gehalten: Einerseits ist das Buch kritisch, die Autoren nehmen kein Blatt vor den Mund und nennen das Versagen der Politiker beim Namen. Andererseits werden die bei Euro-Kritikern verbreiteten dunklen Verschwörungstheorien vermieden. Beides tut dem Buch gut.
„Viele Politiker“, so merken die Autoren zu Recht an, „haben sich mit völlig falsch verstandenem Euro-Patriotismus in eine dauernde Neuauflage von Staatsrettungsmaßnahmen verrannt.“ (S. 27) Sie sehen zu Recht die Gefahr, dass die Politiker „mit dem einseitigen Festhalten an ihrem Meta-Ziel Euro ein gigantisches Scheitern der europäischen Integration riskieren“ (S.27).
Das Buch ist immer wieder mit absurden Zitaten führender Politiker wie Angela Merkel oder Wolfgang Schäuble garniert, die wenige Jahre, nachdem sie ausgesprochen wurden, schon durch die Wirklichkeit gründlich widerlegt worden sind. Auf der anderen Seite zitiert Flossbach aus seinen eigenen, bereits 2004 veröffentlichten Analysen, die durch die spätere Entwicklung bestätigt wurden.
Die Autoren sprechen auch Dinge aus, die „politisch inkorrekt“ sein mögen, die aber kein vernünftiger Mensch wirklich bestreiten kann. So sagen sie, dass leider immer noch verdrängt werde, „wie stark die kulturellen Unterschiede das wirtschaftliche Leben in den nationalen Volkswirtschaften (der Euro-Zone) prägen“. (S.83) Kultur und Mentalität ließen sich nun einmal nicht durch Auflagen der Troika aus Internationalem Währungsfonds, EZB und EU auf eine Linie bringen. „Allzu schnell ist dann zudem von einer ‚Germanisierung des Systems’ die Rede. Unterschiedliche Verhaltensweisen sind tief verwurzelt im jeweiligen System. Sie sind oft über Jahrhunderte gewachsen und lassen sich nicht innerhalb einer Dekade abschleifen.“ (S.85) So gebe es in Europa nun einmal ganz unterschiedliche Vorstellungen über das Rechtsempfinden, über rechtmäßige Amts- und Unternehmensführung bzw. deren Missbrauch, hinsichtlich der Schwelle zur Korruption bzw. Kriminalität (S.85).
Die Autoren malen ein skeptisches Bild der weiteren Entwicklung und warnen: „Noch hat Deutschland seine Sonderstellung als Fels in der Brandung. Aber wenn wir tatsächlich in großem Umfang für die Schulden der anderen EU-Staaten haften müssen, ist es schnell damit vorbei. Unsere Schulden schießen in die Höhe, der Kapitalmarkt entzieht Deutschland das Vertrauen, und die Lawine gewinnt an Fahrt.“ (S.101)
Als wahrscheinlichstes Szenario erscheint den Autoren dann eine Inflation. Wie sollen sich Anleger davor schützen? Die Autoren empfehlen vor allem Sachwerte: Immobilien, Aktien und Gold, die mindestens die Hälfte des Depots ausmachen sollten (S.215). Bei Immobilien geben sie jedoch zu Recht zu bedenken, dass diese in einer prekären politischen Situation weniger flexibel sind als andere Vermögenswerte und schwerer dem Zugriff des Staates entkommen können (S. 210,222 ff.). Ergänzt werden könnten solche Sachwert-Investments, so empfehlen die Autoren, durch Anleihen sicherer, solventer Länder wie etwa Australien.
Ich hätte hier noch inflationsindexierte Bundesanleihen sowie inflationsindexierte Anleihen von Schwellenländern ergänzt, die eine sinnvolle Beimischung sein können – wenn man auch „nur“ die offizielle Inflationsrate ausgeglichen bekommt. Zudem fehlt eine Auseinandersetzung mit Investitionen in ausländische (z.B. amerikanische oder australische) Gewerbeimmobilien, die aus meiner Sicht ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung in einem risikodiversifizierten Portfolio sein können.
Sind die Preise für Sachwerte schon zu hoch? Die Autoren verneinen dies: Gold habe noch ein erhebliches Potenzial und sei unter Berücksichtigung der seitdem eingetretenen Geldentwertung noch sehr weit von seinen historischen Höchstständen entfernt. Übrigens, so belegen sie anhand historischer Untersuchungen, biete es sogar dann einen guten Schutz, wenn es statt zu einer Inflation zu einer Deflation komme (S.241). Das Gegenargument, das Gold keine Zinsen abwerfe, überzeuge heute nicht mehr, denn sichere Staatsanleihen haben schließlich auch eine negative Realverzinsung.
Von einer Immobilienblase sei man in Deutschland – trotz Übertreibungen in einigen Städten bzw. Segmenten – noch sehr weit entfernt. Aktien seien ebenfalls noch sehr günstig. Der Renditevorsprung der Unternehmen vor Staatsanleihen sei noch nie so groß gewesen wie heute, jedenfalls nicht seit Anfang der 1950er Jahre (S.233).
Wer meine Kommentare unter www.zitelmanns-finanzkolumnen.de oder in den IMMOBILIEN NEWS gerne und mit Zustimmung liest, der wird auch das vorliegende Buch gerne und mit Gewinn lesen.