Dieses Buch ist von großer Aktualität. Denn heute ist für Makler weniger das Finden eines geeigneten Käufers das Problem, sondern die eigentliche Herausforderung liegt in der Akquisition. Da jeder zweite Verkäufer (zumindest gilt dies für die selbstgenutzte Immobilie) versucht, das Objekt in eigener Regie ohne Makler zu verkaufen, gibt es ein erhebliches Potenzial. Die Schlüsselfrage, die die beiden Autoren beantworten: Wie komme ich an einen Auftrag, am besten an einen Alleinauftrag, zur Vermarktung einer Immobilie?
Um es vorweg zu sagen: Das Buch ist absolute Pflichtlektüre für jeden, der mit dem Maklergeschäft begonnen hat oder beginnen möchte, gibt aber auch dem langjährigen Profi zahlreiche Gedankenanstöße und Praxis-Tipps, die die Lektüre wertvoll machen.
Die meisten Menschen, die eine Immobilie verkaufen wollen, starten zunächst einmal auf eigene Faust, weil sie die Maklerprovision sparen wollen und die Schwierigkeiten sowie das notwendige professionelle Know-how bei der Vermarktung einer Immobilie unterschätzen. (S. 13 ff.)
Wichtig ist die Erkenntnis, dass private Verkäufer (fast) nie freiwillig verkaufen, sondern weil sie es müssen, z. B. wegen einer Scheidung, eines Todesfalls, aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen, weil sie umziehen wollen oder müssen – oder weil sie einfach dringend das Geld brauchen. (S. 15)
Die Kunst für den Makler liegt nun darin, den Verkaufswilligen davon zu überzeugen, dass er besser fährt, wenn er nicht versucht, das Objekt auf eigene Faust zu verkaufen. Das ist natürlich nicht einfach (sonst hätte es auch dieses Buches nicht bedürft), denn der Makler spricht ja letztlich „pro domo“ und muss dem Verkaufswilligen möglichst schonend beibringen, dass er sich selbst über- und die Schwierigkeiten bei der Vermarktung unterschätzt. Dies gelingt am besten durch gezielte Fragen, die der Makler dem Verkaufswilligen stellt (S. 16 f.):
- Kennen Sie den Wert Ihrer Immobilie und anderer vergleichbarer Objekte am Markt?
- Welche Erfahrungen besitzen Sie im Verhandeln?
- Wie können Sie sicherstellen, dass Sie immer gut erreichbar sind?
- Wie können Sie gewährleisten, dass Sie mit einem Interessenten emotionsfrei verhandeln? (Das größte Problem privater Verkäufer ist, dass sie sich mit ihren eigenen Emotionen im Weg stehen und den Käufer als „Feind“ empfinden, der ihnen das Teuerste und Liebste wegnehmen will.)
Bekanntlich ist das Image der Makler nicht gut, und gerade deshalb ist es aus Sicht der Autoren besonders wichtig, dass sich ein Makler richtig und professionell positioniert. Und zwar entweder als „Farmer“, der in einem eng begrenzten lokalen Bereich als Platzhirsch gilt, oder als Spezialist mit ganz bestimmten Alleinstellungsmerkmalen, die ihn vom Wettbewerb unterscheiden. Die richtige Positionierung muss natürlich professionell kommuniziert werden: „Das Geheimnis erfolgreicher Farmer liegt in einer permanenten Präsenz des Unternehmens. Wenn die Leute Immobilienmakler sagen, sollen sie damit unser Unternehmen meinen. Das ist das Ziel… Bekanntheit ist ein Trumpf, mit dem wir unsere Wettbewerber aus dem Feld schlagen können.“ (S. 24)
Hier kann der Rezensent als Positionierungs- und Kommunikationsexperte natürlich nur zustimmen. Ein Problem sehe ich allerdings darin, dass die meisten kleinen und mittleren Makler kaum über die notwendige PR- und Marketingkompetenz verfügen und dies auch nicht ohne Weiteres lernen können, aber meist auch nicht das Geld oder die Bereitschaft haben, professionelle Unterstützung bei Positionierung und Kommunikation zu suchen. So ist es auch kein Wunder, wenn die Autoren konstatieren: „Wir haben ja auch mittlerweile unheimlich viele tolle Spezialisten in der Branche, die sich ihre Nische erobert und sie sensationell besetzt haben. Was dabei in meinen Augen häufig stiefmütterlich behandelt wird, ist die Kommunikation über die Webseite.“ (S. 43) Zustimmen kann ich auch, wenn die Autoren betonen, wie wichtig es ist, der Maklerfirma ein „Gesicht“ nach außen zu geben (S. 44 f.), denn Vertrauen setzen Kunden in Menschen und nicht in Firmenlogos.
Ausführlich stellen die Autoren alle Phasen des Prozesses in der Gewinnung von Privatverkäufern dar: Kaltakquise, Weiterempfehlung, Informationsveranstaltungen für Privatverkäufer usw. Hier werden zahlreiche Praxis-Tipps gegeben, so etwa für die erste telefonische Kontaktaufnahme. Auf S. 49 f. heißt es etwa: „Wenn Sie so langsam sprechen, dass es Ihnen schon fast zu langsam vorkommt, dann liegen Sie richtig!“ „Stellen Sie sich gleich als Makler vor und verschleiern Sie diesen Umstand nicht – auch nicht zeitweilig.“ „Tippen Sie nie während des Gespräches auf die Tastatur – Ihr Gesprächspartner könnte sich dadurch von Ihnen im System ‚erfasst’ vorkommen, was er auch als ungewollte Festlegung empfinden kann.“
Betont wird auch die Wichtigkeit von Referenzen. Diese sollten gerade möglichst nicht „professionell“ wirken, denn das zerstört die Glaubwürdigkeit (ich habe mich beim Lesen dieser Sätze an die tolle Fernsehwerbung für Fielmann erinnert gefühlt): „Gerade das nicht hundertprozentig professionell im Fernsehstudio gedrehte Kundenstatement hat eine hohe Glaubwürdigkeit. Diese kann schnell verloren gehen, wenn aus Kunden und Mitarbeitern Laienschauspieler gemacht werden, die dann fremde Texte möglichst ‚natürlich’ vorlesen. Also Achtung: Lieber echt und nicht ganz so perfekt, als perfekt und unglaubwürdig!“ (S. 69) Dabei sollten die Referenzen natürlich nicht von den Käufern der Immobilie kommen, sondern von Verkäufern.
Ausführlich werden auch innovative Verfahren geschildert, wie etwa ein „Bieterverfahren“ für Privatimmobilien oder „Open House“-Veranstaltungen (S. 76). Beides sind Verfahren, die nicht nur Zeit sparen, sondern als besondere Methoden dem Privatverkäufer auch einen Mehrwert der Maklerleistung aufzeigen.
Das Buch besticht immer wieder durch einfache Praxistipps, die sofort einleuchten, – so zum Beispiel für den Ablauf des Besichtigungstermins. Unter der Überschrift „Hinsetzen“ heißt es da: „Das nächste Ziel des Maklers besteht darin, sich mit den Eigentümern hinsetzen zu können … Mit dem wichtigen Schritt ‚Hinsetzen’ ist nun zum einen die Hektik gemindert und zum anderen eine perfekte Bühne gebaut, um uns und unser Unternehmen gekonnt zu präsentieren. Diese Vorstellung ist enorm wichtig, denn nur so können wir uns von der ‚grauen Masse’ der Mitbewerber absetzen und bleiben dem Verkäufer angenehm im Gedächtnis haften.“ (S. 122)
Das Ziel muss letztlich der Alleinauftrag sein. Und hier schlagen die Autoren als besondere Methode die Abgabe einer sogenannten „Leistungsgarantie“ vor (S. 136 ff.). Im Grunde handelt es sich um nichts anderes als eine zwischen dem Vermarkter und dem Kunden schriftlich fixierte Tätigkeit. Das sind jene Dinge, die ein professioneller Makler sowieso macht (Marktanalyse, Exposéerstellung, Erstellung guter Weitwinkelbilder, Direktmarketing, Begleitung der Verhandlungen, Notarbeauftragung, Kaufvertragsbesprechung mit allen Beteiligten usw.). Die meisten Menschen sehen jedoch nicht, was ein Makler macht und deshalb ist es eine gute Idee, diese Leistung durch eine entsprechende „Garantie“ deutlicher zu machen.
Das Buch enthält viele psychologische Tipps, die dem Makler die Arbeit ungemein erleichtern. Da sind zum Beispiel die Preisvorstellungen: Fast alle Verkäufer haben unrealistische Preisvorstellungen und wollen zu viel für ihre Immobilie. Der Makler ist in einer schlechten Position, wenn er die Preisvorstellungen im Gespräch drücken und dabei möglicherweise die so sehr geliebte Immobilie des Verkäufers „schlechtreden muss“.
Einfacher und überzeugender sei folgendes Verfahren: Man zeigt dem Verkäufer drei ähnliche am Markt befindliche Objekte, ohne deren Preis zu nennen und fragt ihn, welche dieser Immobilien am ehesten mit seiner vergleichbar wäre. Bis dahin hat der Makler, wie gesagt, deren Preis nicht genannt, stellt dann jedoch die Frage: „Sind Sie denn auch der Meinung, dass wir ebenfalls mit einem Angebotspreis von x Euro in die Vermarktung gehen sollten?“ (S. 146) Die Autoren betonen: „Im Vergleich mit dem Wertermittlungsverfahren gelingt die Akquise mit der Wettbewerbsanalyse viel eleganter. Sie nennt keinen Preis, sondern konfrontiert den Eigentümer mit den realen Marktverhältnissen. So findet der Eigentümer unter unserer Anleitung selbst den möglichen Angebotspreis. Die eigene Erkenntnis kann man schlecht anzweifeln.“ (S. 147)
Schon diese Beispiele zeigen, dass es sich für Makler unbedingt lohnt, das Buch zu lesen. Die einzige Verbesserungsmöglichkeit für die zweite Auflage des Buches: Die Autoren beziehen sich stark auf die Vermarktung von eigengenutzten Immobilien. Es ist zwar immer wieder auch von Anlageimmobilien wie Zinshäusern oder vermieteten Eigentumswohnungen die Rede. Doch diese Marktsegmente, und vor allem auch die Akteure, die hier agieren, sind doch so unterschiedlich, dass eine ausführlichere Darstellung der Akquise von Zinshäusern wünschenswert wäre. Vielleicht ist das aber auch ein Thema für ein weiteres Buch. R.Z.