Immer mehr Anleger sind ernüchtert über die Leistungen von Investmentfondsmanagern. Zahlreiche Untersuchungen bestätigen die Tatsache, dass es den meisten Fondsmanagern nicht gelingt, den jeweiligen Benchmark-Index zu schlagen. Der Anteil der aktiv gemanagten Aktienfonds mit Überrendite schwankte in den Jahren 2001 bis 2011 zwischen 26,7 und 59,1 Prozent, wobei der jährliche Durchschnitt bei 42,8 Prozent lag. Noch trauriger ist die Performance bei Rentenfonds. So schlugen nur 6,3 Prozent der auf Anleihen in Euro oder US-Dollar fokussierten aktiv gemanagten Fonds den jeweiligen Index. (S. 105) Und selbst wenn ein Fondsmanager in einem Jahr erfolgreich ist und eine Überrendite gegenüber der Benchmark erzielt, bedeutet dies natürlich nicht, dass er in der Lage ist, diese Leistung in den Folgejahren zu wiederholen. Da die meisten Fonds ohnehin nicht in der Lage sind, den Index zu schlagen, entscheiden sich immer mehr Anleger für passive Fonds, die den Index abbilden – zumal die Kosten bei diesen Fonds sehr viel geringer sind als bei aktiv gemanagten Fonds.
In Deutschland gibt es inzwischen über 1000 zum Börsenhandel zugelassene ETFs. Weltweit sind 1900 Mrd. USD in ETFs investiert, in Europa sind es 370 Mrd. Zunehmend verdrängen ETFs die aktiv gemanagten Investmentfonds. Allerdings gilt dies eher für institutionelle Investoren. „ETFs sind wohl das einzige Finanzprodukt, das zu den gleichen Konditionen wie für institutionelle Investoren angeboten wird. Trotzdem sind ETFs erst bei einem geringen Anteil der Privatanleger und Anlageberater überhaupt bekannt.“ (S. 17)
Der Grund liegt auf der Hand: Banken und andere Finanzberater verkaufen sehr viel lieber aktiv gemanagte Fonds mit hohen Ausgabeaufschlägen und hohen jährlichen Gebühren. An ETFs verdienen
sie kaum etwas.
Dieses Buch vermittelt dem Anleger die grundlegenden Informationen über ETFs. Heiß diskutiert wurde in den vergangenen Jahren die Art und Weise, wie ETFs den Index nachbilden. Auf S. 29 ff. werden die verschiedenen Methoden dargestellt – die Indexabbildung durch physische Replikation sowie die synthetische Abbildung mit Swaps. Die Fonds mit physischer Replikation kaufen, vereinfacht gesagt, die Wertpapiere im entsprechenden Mix, wie er dem Index entspricht – oder bei sehr großen Indizes wie dem MSCI-World ein Sample aus Wertpapieren, das die Wertentwicklung des gesamten Index möglichst präzise abbildet.
Bei sogenannten unfunded Swaps enthält das Sondervermögen des ETFs einen Wertpapierkorb, der den Liquiditäts- und Diversifikationsanforderungen für OGAW-konforme ETFs entspricht, aber in der Regel wenige oder keine Überschneidungen mit dem abzubildenden Index aufweist. Erst ein Swap-Vertrag zwischen dem Sondervermögen und einer Bank sorgt dafür, dass die Wertentwicklung des Wertpapierkorbes gegen die des abzubildenden Index getauscht wird und der ETF-Investor tatsächlich an der Wertentwicklung des Index partizipiert. Das Problem liegt auf der Hand: „Durch die unterschiedliche Wertentwicklung des Wertpapierkorbes und des im ETF abgebildeten Index kann eine Verbindlichkeit der Swap-Gegenpartei gegenüber dem Sondervermögen entstehen, und zwar genau dann, wenn der abgebildete Index eine Outperformance gegenüber dem Wertpapierkorb aufbaut. Nach den OGAW-Regeln darf dieser Wert nie höher als 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens sein.“ (S. 32)
Durch die Bankenkrise wurden Anleger jedoch zunehmend sensibel für das Kontrahenten-Risiko. Was ist, wenn der Swap-Partner, also eine Bank, ausfällt? Bei sogenannten funded Swaps wird daher das Kontrahenten-Risiko durch Hinterlegung von liquiden Sicherheiten seitens der Bank als Swap-Partner mindestens in Höhe des aktuellen Swap-Wertes bei einer neutralen Verwahrstelle zusätzlich abgesichert. Sollte die Bank ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Vertrag nicht leisten können, hätte der Fondsmanager des ETFs oder der Treuhänder für die hinterlegten Sicherheiten das Recht, diese unmittelbar zu verwerten. (S. 35) Dennoch: Bei allen Varianten der synthetischen Replikation bleibt auch im Falle einer Besicherung ein Restrisiko bestehen, da die Sicherheiten Wertschwankungen ausgesetzt sind. Im Falle von Marktverwerfungen kann die Zahlungsverpflichtung aus dem Swap-Geschäft durch die Verwertung der Sicherheiten möglicherweise nicht ausgeglichen werden. (S. 36)
Diese Risiken wurden in den Medien ausführlich diskutiert. Die Folge ist, dass der Marktanteil für europäische synthetische ETFs von 45 Prozent (Ende 2011) auf heute nur noch rund 35 Prozent gesunken ist. (S. 123)
Weniger bekannt ist dagegen, dass auch bei physisch replizierenden ETFs ein Kontrahentenrisiko auftreten kann. Dieses resultiert aus Wertpapierleihgeschäften, die die ETF-Manager oftmals eingehen, um Zusatzerträge zu generieren. Das Problem: „Während Gegenparteirisiken aus Swap-Geschäften durch die OGAW-Richtlinie verbindlich geregelt und limitiert sind, fällt das aus Wertpapierleihgeschäften resultierende Gegenparteirisiko unter Risiken aus sonstigen Geschäften und wird nicht explizit geregelt.“ (S. 37) Immerhin 76 Prozent der Aktien-ETFs haben (Stand Ende 2011) ihre Bestände verliehen – eine Tatsache, die wohl nur den wenigsten Privatanlegern bekannt sein dürfte.
Die Kosten für ETFs sind sehr viel niedriger als bei aktiv gemanagten Fonds. Dennoch gibt es auch innerhalb der ETFs erhebliche Unterschiede. So lag die jährliche TER (Total Expense Ratio) bei ETFs mit physischer Replikationsmethode zwischen 0,09 und 0,4 Prozent. (S. 133)
Eine gute Variante auch für den Privatanleger, Vermögen aufzubauen, sind ETF-Sparpläne, auf die der Autor auf S.152 ff. eingeht. Ich habe allerdings in der Praxis schon vor Jahren erlebt, dass es für einen Privatkunden gar nicht ganz einfach ist, einen Sparplan zu finden. Ich hatte einen ETF auf den MSCI-World gesucht, der physisch repliziert und die Erträge thesauriert und für den ich einen Sparplan einrichten wollte. Eigentlich, so dachte ich, keine schwere Fragestellung. Bei der Deutschen Bank teilt man mir lapidar mit, da man ETFs den Anlegern nicht empfehle (warum wohl nicht?!), könne man mir keine entsprechenden Informationen zur Verfügung stellen. Und bei Maxblue, dem Direkt-Broker der Deutschen Bank, erklärte man wiederum, dass man grundsätzlich keinerlei „Beratung“ erteile und daher meine Frage nicht beantworten könne. Erst durch einen Anruf bei der Fondsgesellschaft erhielt ich die Informationen.
Das vorliegende Buch ist jedem Anleger zu empfehlen. Es eignet sich sowohl für den Anfänger, der sich noch nie mit ETFs befasst hat, wie auch für den Fortgeschrittenen. Auch dieser findet hier eine Reihe zusätzlicher, sehr interessanter Informationen, die ihm die Anlage in ETFs erleichtern. Zudem ist das Buch in einer verständlichen Sprache geschrieben, und die 200 Seiten sind rasch gelesen. R.Z.