Haben Sie schon eine Reaktion der Samwer-Brüder auf ihr Buch bekommen? Und wie verkauft es sich?
Keine unmittelbare. Ich glaube, sie fanden das Buch tendenziell indiskret und kritisch, ich halte es aber für fair, zumal es sehr ausgewogen alle Seiten beleuchtet. Und da es sich sehr gut verkauft, scheint es ja bei den Lesern auch gut anzukommen :-). Die erste Auflage war binnen anderthalb Wochen ausverkauft und das Buch ist schon jetzt ein Spiegel Bestseller.
Wie bewerten Sie die Meldung, dass Zalando jetzt erstmals einen Gewinn gemacht hat? Haben die Brüder bei Zalando aus den Fehlern gelernt, die sie bei vorangegangenen Gründungen gemacht haben? Ist Zalando, um es neudeutsch auszudrücken, im Geschäftsmodell „nachhaltiger“?
Ja, ist es. Zum einen ist das Geschäft ein ganz anderes als es etwa bei Jamba oder Groupon (einige Paradebeispiele aufgeblähter Samwer-Gründungen) der Fall war, zum anderen ist die Incentivierung der Samwers eine andere. Im Gegensatz zu Jamba und Groupon, wo sie sich nur um ein möglichst explosives Umsatzwachstum bemühen mussten, weil klar war, dass sie von Bord gehen, sind die Samwers bei Zalando langfristiger gebunden und entsprechend an Nachhaltigkeit interessiert. Daneben mag auch eine Rolle spielen, dass es vor allem der langfristig denkende Stratege Alexander Samwer ist, der für die Geschicke von Zalando verantwortlich zeichnet bei Groupon und Jamba waren dies Oliver und Marc Samwer.
Sie berichten kritisch über den Führungsstil von Oliver Samwer. Wenn Sie das Kapitel „Konfliktfähigkeit“ in meinem Buch „Setze dir größere Ziele“ lesen, werden Sie sehen, dass das nicht so ungewöhnlich ist. Von Steve Jobs und Bill Gates wird Ähnliches berichtet. Hat nach Ihrem Wissen Oliver Samwer aber auch die Fähigkeit, selbstkritisch zu sehen, dass er sich damit oft auch selbst schadet? Und glauben Sie, mit dem Alter wird er etwas ruhiger oder ist vielleicht auch schon ein wenig ruhiger geworden?
Oliver Samwer ist stets an der Sache interessiert, nicht an Egofragen. Also Schreien und Aggressivität hat bei ihm eine streng funktionale Dimension, um andere anzustacheln. Und man kann schon sagen, dass er bereits deutlich ruhiger geworden ist. Zu Alando-Zeiten hat er wohl regelmäßig Tobsuchtsanfälle bekommen, die noch einmal deutlich intensiver waren.
Sie haben selbst ein neues Unternehmen gegründet, Sessionbird. Erzählen Sie unseren Lesern davon? Ist es auch die Kopie eines bereits im Ausland erfolgreichen Unternehmens?
Sessionbird ist ein Cloud-Dienst für die Durchführung von Online-Meetings. Dazu verbindet das Unternehmen Telefonkonferenzen mit einer ausgeklügelten Document Collaboration. Also neben dem reinen Sprechen über weite Distanz ist es mit Sessionbird auch möglich, gemeinsam an Inhalten zu arbeiten. Und all dies aus dem Browser heraus, sprich ohne die Notwendigkeit, Plugins oder Software zu installieren. Wenn man dann noch hinzunimmt, dass das Produkt gezielt auf die Anforderungen anspruchsvollen Firmenkunden (Sicherheit, Compliance, Datenschutz usw.) ausgerichtet ist, wird glaube ich klar, dass es sich nicht um eine bloße Kopie handelt. Natürlich gibt es auch andere Meetingdienste, keiner arbeitet bisher aber so ganzheitlich und benutzerfreundlich wie Sessionbird. Die Strategie ist bei uns einfach deutlich intensiver auf echte Zusammenarbeit ausgerichtet.
Wo sehen Sie die interessantesten Neugründungen im Immobilien/Internetbereich? Haben Sie sich mit „realbest“ befasst? Wie ist das Urteil eines Internet-Fachmanns?
Mit dem Immobilienbereich habe ich mich bisher ehrlich gesagt nicht wirklich beschäftigt und kenne Realbest daher auch nicht. Als Marktplatz ist der Ansatz grundsätzlich vom Geschäftsmodell her interessant, lebt aber stark davon, dass Angebot und Nachfrage aufgebaut werden. Wenn dies mit hoher Skalierung gelingt, ist das Modell sicher nicht uninteressant. Aber die Konkurrenz in diesem Segment dürfte entsprechend stark sein, allen voran ImmoScout. Gibt es dann einmal einen starken Marktführer, kommt es quasi zu einer Monopolbildung. Was die interessanten Neugründungen angeht, tut sich sicher im Bereich FinTech, also Technologielösungen im Bereich Bezahlen und Finanzen, einiges. Auch im Mobile-Bereich gibt es spannende Entwicklungen und das Segment allgemein wächst ja schon seit einigen Jahren.