Dieses Buch füllt eine Lücke, und ich werde es neuen Mitarbeitern in meiner Firma empfehlen, die sich damit rasch einen Überblick über die wichtigsten Themen und Begriffe der Immobilienwirtschaft verschaffen können. Die Verfasser sind Professor Tobias Just, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft an der Uni Regensburg und Leiter der IREBS, sowie Steffen Uttich, den viele Leser noch als Ressortleiter Immobilien der FAZ kennen und der heute das Fondsmanagement bei BEOS leitet.
So kommen in dem Buch wissenschaftliche Fundierung, ein gut lesbarer Stil und praktische Immobilienerfahrung zusammen. Die Autoren beschränken sich nicht auf die reine Wissensvermittlung, sondern stellen immer wieder scheinbar allgemeingültige „Immobilienweisheiten“ und Vorurteile in Frage. So z.B.: „Weder eine herausragende Bauqualität, noch eine besonders attraktive Architektur, noch besonders innovative Gebäudestrukturen sind Garanten für den wirtschaftlichen Erfolg, sondern einzig und allein die Tatsache, dass ein Nutzer genau für diese Aspekte bereit ist, hinreichend zu bezahlen. Teure Objekte in den besten Lagen können sich einer ebenso großen Nachfrage erfreuen wie günstige Objekte in den Randlagen.“ (S. 20)
Während in den beiden ersten Abschnitten Grundbegriffe geklärt werden (wer sind die Marktakteure am Immobilienmarkt, wie erfolgt die Preisbildung usw.), werden im dritten Abschnitt beliebte Vorurteile als solche entlarvt.
Eine dieser Weisheiten lautet: „Lage, Lage, Lage“. Jeder hat schon einmal diesen Spruch gehört, aber oft werden falsche Schlüsse daraus abgeleitet. „Am häufigsten passiert dies in Verkaufsbroschüren und Verkaufsgesprächen, um den Eindruck zu erwecken, dass gute Lagen auch immer teure Lagen sind.“ (S. 144) Am Beispiel des Frankfurter Büromarktes wird dargestellt, dass eine auf „gute Lagen“ ausgerichtete Investitionsstrategie oft nicht die erwünschten Ergebnisse gebracht hat. „Selbst im Sommer 2014 lag die Spitzenmiete für Frankfurter Büroflächen nur bei 35 Euro – 30 Prozent unterhalb des Wertes vor bald einem Vierteljahrhundert. Und dies sind nur die nominalen Werte. Wären die Frankfurter Bürospitzenmieten in den letzten Jahren genauso schnell gestiegen wie die Verbraucherpreise, so müssten sie im Jahr 2014 bei fast 80 Euro pro Quadratmeter liegen.“ (S. 147)
Übrigens ist das Beispiel auch ein schöner Beleg dafür, dass eingängige Thesen wie etwa „Immobilien bieten einen hervorragenden Inflationsschutz“ in dieser Form zu pauschal sind. Im 11. Kapitel wird gezeigt, dass die Zusammenhänge komplizierter sind als man denkt, und dass inflationsindexierte Büroverträge allein keinen Inflationsschutz bieten. „Es gibt eher Indikatoren dafür, dass Wohnimmobilien etwas besser vor einem Preisauftrieb schützen können als Büroobjekte. Doch es gibt eben auch Studien, die zu genau dem entgegengesetzten Ergebnis kommen…. In Deutschland schützen Wohnimmobilien möglicherweise besser als Gewerbeimmobilien und in den USA möglicherweise Bürogebäude etwas besser als Wohngebäude vor Inflation.“ (S. 165)
Eine andere Legende, mit der sich die Autoren im 12. Kapitel auseinandersetzen, ist die von „Immobilien als Betongold“. Immobilien seien nicht per se eine stabile Anlage. Das gelte insbesondere dann, wenn vergessen werde, dass häufige Investitionen notwendig sind, um ihren Wert zu erhalten oder gar zu steigern. „Immobilien haben keinen Wert an sich. Sie nutzen sich im Zeitverlauf ab. Echte Erträge aus der Immobilienanlage kommen nur durch echte Mieteinnahmen zustande. Dafür muss ein Eigentümer regelmäßig investieren.“ (S. 168) Banal? Ja, vielleicht. Aber dadurch, dass solche „Banalitäten“ in der Praxis immer wieder vergessen werden, und zwar auch von professionellen Anlegern, kommt es dazu, dass so viele Immobilieninvestitionen erfolglos bleiben.
Im Kapitel 14 setzen sich die Autoren mit der Frage auseinander, ob in Deutschland eine Immobilienblase drohe. Auch hier fällt die Antwort wieder differenziert aus. Einerseits verweisen die Autoren darauf, dass Deutschland im internationalen Vergleich einen Nachholbedarf bei der Miet- und Preisentwicklung gehabt habe und dass im internationalen Vergleich deutsche Wohnungen immer noch als relativ günstig gelten (S. 202). Insoweit seien steigende Preise noch kein Indiz für eine Blasenbildung. Andererseits weisen sie darauf hin, dass zwischen 2008 und 2013 in 75 Prozent der untersuchten Städte die Preise deutlich stärker gestiegen sind als die Mieten (S. 200). Gut gefallen hat mir die Formulierung: „Eine Blase kann dann entstehen, wenn die fundamentalen Gründe für eine Geldanlage zu lange bemüht werden.“ (S. 205) Das trifft übrigens nicht nur für Immobilienblasen zu, sondern ebenso für Blasen bei Aktien, Gold, Anleihen usw.
Was mir an dem Buch durchgehend gefällt, ist der Verzicht auf allzu einfache Antworten, die Skepsis gegen allgemeingültige Weisheiten und der Versuch, stets zu differenzieren. Am Schluss des Buches formulieren die Autoren einige Regeln für die Immobilienanlage, und die achte, vielleicht wichtigste Regel dabei lautet: „Traue Binsenweisheiten nur begrenzt.“ (S. 210) Das Buch ist also nicht nur etwas für „Einsteiger“, sondern für jeden, der nach Anregungen zum Nachdenken über Immobilieninvestments sucht. R.Z.