Der Autor dieses Büchleins ist regelmäßiger Kolumnist in der „Huffington Post“ und schreibt für die „New York Times“, die „Washington Post“ und das „Wall Street Journal“. Er setzt sich kritisch mit der Tendenz in den USA auseinander, den Grundsatz der „Freedom of Speech“ auszuhöhlen. Insbesondere macht er das am Beispiel der Universitäten deutlich, die doch gerade ein Vorbild an Toleranz und freier intellektueller Debatte sein sollten.
Ein aktuelles Beispiel, das in Europa so wohl noch nicht bekannt ist, sind sogenannte „Trigger Warnings“. Worum geht es? Studenten fordern immer häufiger von Professoren, dass diese vorher ausdrücklich Warnungen aussprechen sollen, wenn sie Inhalte in ihren Vorlesungen und Seminaren behandeln, die irgendjemanden „verletzen“ könnten. Man kann sich das ähnlich vorstellen wie die Warnhinweise auf Zigarettenpackungen.
Zum Hintergrund: Ursprünglich sollten Personen geschützt werden, die an dem PTSD-Syndrom leiden. Es handelt sich hier um posttraumatische Belastungsstörungen, etwa durch traumatische Erlebnisse im Krieg oder bei einer Vergewaltigung. Der Begriff wurde jedoch in den USA so weit ausgedehnt, dass sich jeder traumatisiert fühlen kann, der mit Meinungen konfrontiert wird, die nicht der „Political correctness“ entsprechen. Die Professoren an Universitäten wurden aufgefordert, sie sollten verstehen, „that sexual misconduct is inextricably tied to issues of privilege and oppression“, weshalb auch Themen betroffen seien wie „racism, classism, sexism, heterosexism, cissexism, ableism, and other issues of privilege and oppression“ (S. 42).
Ein Beispiel für etwas, durch das sich die Studenten verletzt fühlten, war die Statue eines schlafwandelnden Mannes in Unterwäsche, die auf dem Campus aufgestellt worden war. Studenten empfanden die Statue als „a source of apprehension, fear, and triggering thoughts regarding sexual assault for many members of our campus community“. Sie verlangten, dass die Statue beseitigt werden solle, denn: „We really feel that if a piece of art makes students feel unsafe, that steps over a line“ (S. 46). Wie man sich durch die Statue eines Schlafwandlers in seiner Sicherheit gefährdet fühlen kann, bleibt allerdings das Geheimnis dieser Studenten.
Der Autor kritisiert: „To those who value intellectual freedom, however, trigger warnings are yet another manifestation of the attitude that society must protect every individual from emotionally difficult speech. It is impossible to live up to this expectation, and in the course of trying to do so, we risk devastating freedom of speech and the open exchange of ideas… When students take advantage of a psychological term developed to help those traumatized in the ghastly trenches of World War I justify being protected from The Great Gatsby, sleepwalker statues, and, as the Oberlin policy specified, Chinua Achebe, it becomes clear that there is virtually no limit to the demands that will be made if we universalize an expectation of intellectual comfort“ (S. 57).
Ganz generell sieht der Autor eine Tendenz zur Intoleranz an amerikanischen Universitäten. Zunehmend gebe es Bestrebungen, andersdenkende Referenten, die zu Vorträgen eingeladen waren, wieder auszuladen. Der Autor hat 257 Fälle gezählt (und diese Aufzählung ist bestimmt nicht vollständig), wo eingeladene Referenten auf Betreiben von Studenten oder Fakultäten wieder ausgeladen wurden. Im besonderen Maße davon waren konservative Redner betroffen, die in 118 Fällen wieder ausgeladen wurden, während eher linke Redner 61 Mal ausgeladen wurden (S.32). Dieses Verhältnis sei umso bemerkenswerter, als ohnehin nur wenige konservative Redner an Universitäten eingeladen würden. In den Jahren 2013 und 2014 sei beispielsweise kein einziger republikanischer Redner an die Top 30 Universitäten sowie an die 30 führenden liberal-arts-Universitäten eingeladen worden – während gleichzeitig 25 Demokraten Einladungen erhalten hätten (S. 32).
Die Intoleranz beschränke sich nicht auf die Universitäten. Ständig, so der Autor, würden durch die Medien Skandale losgetreten, weil irgendjemand einen Witz oder eine Bemerkung gemacht habe, der politisch nicht korrekt sei. Stets müsse sich der Betroffene bei denen entschuldigen, die sich gekränkt fühlten, egal ob die Bemerkung im privaten Kreis oder im angetrunkenen Zustand gefallen sei. Häufig sei der Rücktritt von Ämtern die Konsequenz. „Admittedly, many of the offending comments were not particularly sympathetic, but the public’s appetite for punishing attempts at candor gone wrong, drunken rants, or even private statements made in anger or frustration seems to be growing at an alarming rate“ (S.2). „Zero tolerance“ für alles, was von irgendjemandem als „offensive“ empfunden wird, sei die Linie, die sich immer mehr durchsetze (S.3).
Auch wenn der Autor einräumt, dass diese Beschränkung der Meinungsfreiheit meistens von der politischen Linken ausgehe, so betont er doch, dass es dieses Phänomen bei den Konservativen auch gebe. Daher solle sich die Kritik nicht nur auf die Linke fokussieren, denn: „If we characterize the push toward censorship as a phenomenon that comes from only the left, we automatically let half the population off the hook and demonize the other half, many of whom may potentially be allies in the fight for free speech“ (S. 24). R.Z.