Dieser Sammelband gibt einen ausgezeichneten Überblick über die – vorwiegend amerikanische – Forschung zu den psychologischen Erklärungsfaktoren für unternehmerischen Erfolg. In ihrer Einleitung konstatieren die Herausgeber ein neu erwachtes Interesse an Studien zur Psychologie des Unternehmertums.
Sie weisen aber auch auf Defizite der bisherigen Forschung zu diesem Bereich hin. So habe man bislang immer nach linearen Relationen zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und unternehmerischem Erfolg gesucht. Es sei jedoch wichtig, auch nicht-lineare Zusammenhänge zu untersuchen. Ein Beispiel ist die Debatte um den Zusammenhang von Risikobereitschaft und unternehmerischem Erfolg. Studien kamen hier zu widersprüchlichen Ergebnissen. Könne es nicht auch sein, so fragen Andreas Rauch und Michael Frese in ihrem Beitrag „Born to Be an Entrepreneur? Revisiting the Personality Approach to Entrepreneurship“, dass manche Unternehmer zu risikobereit, zu ehrgeizig, zu optimistisch usw. seien? „In contrast to achievement tests (such as cognitive ability), more of the same thing may not be a good thing at all. Thus, we urge future researchers to test for non-linear relationships…“ (S. 43)
Rauch und Frese argumentieren, es sei nicht sehr sinnvoll – wie man dies früher oft getan hat-, sehr breite bzw. allgemeine Persönlichkeitsmerkmale (wie die sogenannten „Big Five“) mit unternehmerischem Erfolg in Verbindung zu bringen. Hier bestehe oft nur eine schwache direkte Korrelation. Deren Wirkung beruhe vielmehr darauf, dass sie sehr spezifische, für den unternehmerischen Erfolg entscheidende Merkmale beeinflussen. Diese eher spezifischen Merkmale seien „need for achievement“, „risk taking“, „innovativeness“, „autonomy“, „locus of control“ und „self-efficacy“ (S. 47).
Meta-Analysen belegten, dass es einen starken Zusammenhang zwischen Leistungsorientierung und unternehmerischem Erfolg gebe (S. 49). Untersuchungen über den Zusammenhang von Innovationsfreudigkeit und Autonomiestreben zeigten ebenfalls einen Zusammenhang zum unternehmerischen Erfolg, während der häufig postulierte Zusammenhang zwischen internaler Kontrollüberzeugung und unternehmerischem Erfolg schwächer ausgeprägt sei. Den eindeutigsten Zusammenhang gebe es, wie Meta-Analysen zeigten, zwischen der Ausprägung der Selbstwirksamkeit und unternehmerischem Erfolg (S. 53). Mit Selbstwirksamkeit ist die Erwartungshaltung von Menschen gemeint, aufgrund eigener Kompetenzen erfolgreich Dinge durchführen zu können.
Die einzelnen Persönlichkeitsmerkmale seien oft zwar nur relativ schwach mit unternehmerischem Erfolg korreliert, doch diese dürfe nicht verwundern. Schließlich sei ja nicht ein einzelnes Persönlichkeitsmerkmal, sondern stets eine spezifische Kombination mehrerer solcher Merkmale für den Erfolg verantwortlich (S. 54), so Rauch und Frese.
Die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und unternehmerischem Erfolg ließen sich am besten bei kleineren und mittleren Unternehmen messen, da bei diesen der Unternehmer mit seiner Persönlichkeit naturgemäß eine größere Rolle spiele als bei großen Unternehmen (S. 57)
Welche Rolle spielen Ziele eines Unternehmers? Michael Frese hat dies im Rahmen der „action theory“ untersucht. In seinem Beitrag „The Psychological Actions and Entrepreneurial Success: An Action Theory Approach“ verweist er auf die Untersuchungen von Locke und Latham, die zu dem Ergebnis kamen, dass größere Ziele in der Regel zu höheren Ergebnissen führten. Es gebe drei Wege, wie Menschen über ihre Ziele denken: „One way is to fantasize about how good it would be to having achieved the goal; another is to worry about not achieving the goal, and a third one is to contrast the goal with the current condition. Although fantasizing about goal achievement and worrying reduce the chances to achieve the goal, contrasting the positive goal fantasies with the current condition is most effective for high achievement.“ (S. 154)
Und welche Rolle spielt Planung für unternehmerischen Erfolg? Pläne sind die Verbindungslinien, die Brücken zwischen Gedanken und Handlungen, weil sie die Ziele in umsetzbare Operationen übersetzen. Wichtig erscheint mir der Hinweis von Frese, dass man „Pläne“ nicht so verstehen sollte, wie es dem Alltagsverständnis entspreche. Es müsse sich nicht unbedingt um fertig ausgearbeitete, detaillierte Pläne im engeren Sinn handeln. Einige Pläne bestünden nur aus einer allgemeinen Idee, wie man vorgehen solle (S. 157). Es könne durchaus sein, dass ein Unternehmer behaupte, er habe gar keinen Plan, sondern verlasse sich nur auf die Intuition und dennoch tatsächlich nach einem Plan handle, der unbewusst sei (S. 158).
Pläne seien wichtig, damit die Personen zu Handlungen kämen und sie reduzierten die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ziel nicht vergessen gehe (S.158). Pläne hätten jedoch nicht nur positive Funktionen, sondern könnten auch kontraproduktiv sein, wenn diese beispielsweise zu rigide seien und der Unternehmer an festen Plänen festhalte, wenn – etwa in chaotischen Situationen – flexibleres Reagieren angemessener sei (S. 159).
Edwin A. Locke und Robert Baum setzen sich in ihrem Beitrag über „Entrepreneurial Motivation“ ebenfalls mit der Bedeutung von Zielsetzungen auseinander. Die Forschung zeige, dass spezifische, herausfordernde Ziele zu besseren Ergebnissen führten (S. 94). Auch Unabhängigkeit im Denken sei eine wichtige Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. „This means they (die Unternehmer, R.Z.), often go against the status quo, defy tradition, or do what others claim is foolish, crazy, or impossible. Entrepreneurs, therefore, must not only be in charge, they must be independent thinkers. Regardless of whom they consult, they must rely in the end on their own judgement. The buck stops with them. Dependent, follower types cannot operate in such a role and do not seek to.“ (S. 98)
Ein weiteres Merkmal erfolgreicher Unternehmer sei Durchhaltevermögen (Tenacity). „One trait that sets them apart from others is that they do not give up when things go wrong.“ Erfolgreiche Unternehmer „pick themselves up after failure, in part because they attribute failure to bad luck or insufficient effort on their part.“ (S. 102) Eine andere entscheidende Frage in diesem Zusammenhang: „Where does a successful entrepreneur draw the line between productive tenacity and foolish persistence?“ (S. 102)
Im Zusammenhang mit der bereits diskutierten Frage, inwiefern Risikobereitschaft eine Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg sei, weisen Locke und Baum darauf hin, „entrepreneurs do not experience their ventures as highly risky, as compared, say, to how an outsider would experience it. This is because entrepreneurs have high self-confidence; in relation to their perceived ability the venture may not seem risky. And if they posses genuine ability, the venture may not be objectively risky for them.“ (S. 99)
Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch für jeden, der sich für die spannende Frage interessiert, welche psychologischen Faktoren wichtig dafür sind, dass jemand ein erfolgreicher Unternehmer wird.