Dies ist das erste Buch zur Mietpreisbremse. Hans-Joachim Beck, der es geschrieben hat, kennt das Thema so genau wie kein Zweiter, denn er hat von Anfang an den Prozess der politischen Entscheidungsfindung und der rechtlichen Formulierung kritisch als Vertreter des IVD begleitet. Beck steht der Mietpreisbremse kritisch gegenüber, aber dies ist kein Meinungsbuch. Es ist ein Buch für Praktiker, also für Immobilieneigentümer, Vermieter, Hausverwalter – und nicht zuletzt auch für Juristen. Dabei ist es so verständlich geschrieben, dass es auch juristische Laien verstehen können, obwohl die Materie vertrackt ist.
Das Problem ist, dass es zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe in dem Gesetz gibt. Beck versucht zu verstehen, was mit diesen Begriffen gemeint ist und wie sie ausgelegt werden könnten. Als ehemaliger Vorsitzender Richter eines Gerichtes weiß er, wie die Rechtsprechung in der Praxis auch mit sehr vagen Formulierungen umgeht.
Eine zentrale Rolle spielt in dem Gesetz bekanntlich der Begriff der „ortsüblichen Vergleichsmiete“. In der Praxis wird – dort wo es ihn gibt – auf einen Mietspiegel zurückgegriffen. Das Problem ist jedoch, dass es in vielen Gemeinden keinen qualifizierten Mietspiegel, sondern nur einen einfachen Mietspiegel gibt. Im ersten Fall beruht der Mietspiegel auf wissenschaftlichen Untersuchungen, im zweiten Fall handelt es sich um einen „ausgehandelten“ Kompromiss zwischen Vereinen, die Mieter und Vermieter vertreten. Beck verweist auf ein BGH-Urteil, wonach auch ein qualifizierter Mietspiegel überprüft werden muss, wenn seine Aussagen vor Gericht bestritten werden (S. 10). Dies ist verschiedentlich auch geschehen.
Becks Resümee: „Die ortsübliche Vergleichsmiete soll Grundlage für die Mietpreisbremse sein, lässt sich aber nicht zuverlässig feststellen. In Gemeinden, in denen kein qualifizierter Mietspiegel existiert, kann die ortsübliche Vergleichsmiete nur sehr ungenau geschätzt werden… Aber selbst in Gemeinden, in denen ein vermeintlich qualifizierter Mietspiegel existiert, ist er keine verlässliche Grundlage, die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen. Aufgrund der Feststellung des Gutachters über die Mängel der Berliner Mietspiegel kann der Vermieter sich bei Abschluss eines Mietvertrages nicht mehr allein auf den Mietspiegel verlassen, sondern muss die ortsübliche Vergleichsmiete schätzen. Dabei kann er den Mietspiegel durchaus als Anhaltspunkt nehmen, muss diesen aber auf Plausibilität überprüfen.“ (S. 11 f)
Ein anderer unbestimmter Rechtsbegriff im Gesetz ist der der „umfassenden Modernisierung“. Laut dem Mietpreisbremsen-Gesetz gilt die Mietpreisbremse für die Erstvermietung (!) nicht, wenn die Wohnung umfassend modernisiert wurde. Wann jedoch eine solche umfassende Modernisierung vorliegt, ist ungewiss. Beck versucht den Begriff unter Heranziehung der Gesetzesbegründung und von bestimmten Analogien (z.B. zur Sachwert-Richtlinie) plausibel etwas konkreter zu bestimmen. Manche Vermieter werden enttäuscht sein, wenn sie lesen müssen, dass ihre Annahme, die bei einem Mieterwechsel oft erforderlichen ‚umfassenden’ Renovierungsmaßnahmen fielen unter diese Ausnahme, irrig ist: „Insbesondere nach einem längeren Mietverhältnis ist die Wohnung zwar oft verwohnt. Die vor einer Neuvermietung erforderlichen Renovierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen stellen jedoch, auch wenn sie noch so ‚umfangreich’ sind, noch keine Modernisierung dar.“ (S. 45) Erforderlich sei darüber hinausgehend eine erhebliche Verbesserung der Wohnung. Mit der Frage, wann diese gegeben sein könnte, setzt sich Beck ausführlich auseinander. Man kann nur hoffen, dass viele Richter diese Ausführungen lesen werden und diese als willkommene Anregung nehmen, diesen unbestimmten Rechtsbegriff im Gesetz auszulegen.
Als guter Jurist befasst sich Beck nicht mit der Frage, wie man das Gesetz umgehen kann. Auch verzichtet er auf ausdrückliche Gestaltungshinweise. Wer genau liest, findet dennoch einen. Unter die Restriktion der Mietpreisbremse fällt nur die Anfangsmiete, also die für den Beginn des Mietverhältnisses vereinbarte Miete. Eine nach Abschluss des Mietvertrages einvernehmlich vereinbarte Erhöhung der Miete wird dagegen von der Mietpreisbremse nicht erfasst. (S. 16) Voraussetzung ist lediglich, dass der Mietvertrag auch dann wirksam ist, wenn der Mieter die Erhöhung ablehnen sollte.
Beck bringt folgendes Beispiel: Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt 7 Euro. Nach Inkrafttreten der Mietpreisbremse hat der Vermieter die Wohnung im August 2015 zum 1. September 2015 für 7,70 Euro vermietet. Im Oktober vereinbart er mit dem Mieter, dass er ihm Bad und Küche modernisiert, und dass dafür die Miete zum 1. Januar 2016 auf 9 Euro/qm angehoben wird.
Dies ist natürlich möglich. Es darf nur bei Abschluss des Erstmietvertrages kein Junktim zu der späteren Vereinbarung mit Mieterhöhung hergestellt werden. Theoretisch kann der Vermieter jedoch die Wohnung – unsaniert – für 7,70 Euro vermieten und am nächsten Tag eine Vereinbarung mit dem Mieter schließen, dass er sie saniert und dann die Miete auf 9 Euro anhebt. Wohlgemerkt: Mit „umfassender Modernisierung“ oder auch mit den Modernisierungsmieterhöhungen (wonach 11% der Kosten umgelegt werden dürfen), hat das nichts zu tun. Theoretisch könnte er auch am Folgetag nach der Erstvermietung mit dem Mieter eine um zwei Euro höhere Miete ohne jede bzw. mit einer nur sehr geringen Gegenleistung vereinbaren. Nur würde das wohl kaum ein Mieter mitmachen – und es darf eben kein Junktim zwischen dem Abschluss des Mietvertrages und dieser neuen Vereinbarung geben.
Allerdings sollte beachtet werden, dass diese Vereinbarung dem Widerrufsrecht unterliegt. Um dies auszuschließen, sollte die Vereinbarung deshalb möglichst in den Räumen des Vermieters oder Verwalters abgeschlossen werden. Zur Sicherheit sollte außerdem das Kündigungsrecht des Mieters für ein Jahr ausgeschlossen werden, weil die erhöhte Miete nur dann als Vormiete geschützt ist, wenn sie ein Jahr Bestand hatte.
Durch die weiteren Änderungen des Mietrechts, die der Gesetzgeber derzeit plant, wird die Mietpreisbremse eine noch größere Bedeutung erhalten. Wie vor einigen Tagen bekannt wurde, soll die Definition der ortsüblichen Vergleichsmiete geändert und der Betrachtungszeitraum von derzeit vier auf zehn Jahre verlängert werden. Dieses Buch ist Pflichtlektüre für jeden Wohnungseigentümer, für die Rechtsabteilung jeder Wohnungsgesellschaft und für jeden Juristen, der mit dem Thema befasst ist. Den Politikern des Deutschen Bundestages sollte man es auch schicken, damit sie sehen, welch kompliziertes und in den einzelnen Formulierungen diffuses Gesetz sie beschlossen haben, das man mühevoll und mit sehr hohem juristischen Sachverstand auf 70 engbedruckten Seiten auslegen muss, um dann zu hoffen, dass man es einigermaßen rechtssicher anwenden kann. Für den durchschnittlichen Vermieter ist es jedenfalls nicht möglich, nach den Vorgaben des Gesetzes eine Wohnung neu zu vermieten, wenn er das Buch nicht gründlich studiert hat. Dies allein sagt schon viel über die Qualität des Gesetzes. R. Z.