Als vor etwa 20 Jahren Bodo Schäfers Buch „Der Weg zur finanziellen Freiheit“ erschien, habe ich es begeistert gelesen. Und es hat mir geholfen, meine Einstellung zum Thema Geld zu ändern. Das ist auch die Stärke seines aktuellen Buches. Bodo Schäfers Thema bleibt das Gleiche: Voraussetzung für finanzielle Freiheit und Wohlstand ist, die Einstellung zum Thema Geld zu überprüfen.
Im ersten Teil beschreibt er die dramatische Situation der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu Recht kritisiert er den Begriff des „Generationenvertrages“, der ja in Wahrheit gar kein Vertrag ist – oder wenn, dann allenfalls ein Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der jungen oder noch gar nicht geborenen Menschen.
Die Fakten, die Schäfer präsentiert, sind für den, der sich mit dem Thema beschäftigt hat, naturgemäß nicht neu. Seine Stärke liegt darin, komplizierte Zusammenhänge in einfachen Worten und Bildern zu erklären, so dass auch derjenige sie verstehen kann, der sich noch nicht damit befasst hat.
Was ist neu? Bodo Schäfers Motto ist, dass man bei jedem Problem danach fragen solle, was gut an dem Problem ist oder sein könnte. Das habe ich aus seinem sehr empfehlenswerten Hörbuch „Die Gesetze der Gewinner“ gelernt. Und was ist also gut an dem Rentenproblem?
Bodo Schäfers Antwort: Es nimmt den Menschen die Illusion, der Staat werde es schon richten und werde dafür sorgen, dass es einem im Alter gut gehe. Früher, so Schäfer, konnte man wählen, ob man sich für Geld und Finanzen interessiert oder sich lieber auf den Staat verlässt. Künftig hat niemand mehr diese Wahlfreiheit. „Dieser Zusammenbruch (der gesetzlichen Rentenversicherung) hat sicherlich viele, viele Nachteile. Viele Menschen werden Armut leiden. Aber wenn wir aufwachen, dann könnte wenigstens ein Aspekt am Kollaps der Rentenkasse vorteilhaft sein: Wir haben von jetzt ab keine andere Wahl, als nach Freiheit zu streben. Die versprochene Sicherheit hat sich als Falle erwiesen.“
Schäfer beschreibt, wie Arme, Reiche und die Mittelschicht auf die offensichtlichen Probleme des Umlageverfahrens reagieren. Die Armen haben sich wenig mit dem Thema beschäftigt und hoffen, dass der Staat es doch irgendwie richten werde. Oder sie klagen über mangelnde soziale Gerechtigkeit. Die Mittelschicht sieht Probleme, wenn auch nicht in ihrem ganzen Ausmaß. Menschen aus der Mittelschicht beschäftigen sich mit der sogenannten „Rentenlücke“, die sie als Differenz zwischen ihrem jetzigen Nettoeinkommen und künftigen Rentenansprüchen errechnen.
Dabei gehen diese Menschen meist von einer viel zu hohen Rente in der Zukunft aus, also sie unterschätzen, wie groß die Lücke im Alter wirklich sein wird. Zudem begrenzen sie ihre finanziellen Perspektiven selbst, denn nach diesem Denken bildet ihr heutiges Nettoeinkommen die gedankliche Obergrenze, so Schäfer. Menschen, die reich sind oder es werden wollen, beschäftigen sich überhaupt nicht mit der „Altersrente“. Sie befassen sich damit, wie sie Wohlstand oder finanzielle Freiheit erlangen können.
Schäfers Rat: „Machen Sie sich von der Rente vollkommen unabhängig. Versuchen Sie nicht einmal, nur die sogenannte Rentenlücke zu schließen… Vergessen Sie die gesetzliche Rente insgesamt. Nehmen Sie die beklagenswerten Entwicklungen, die ich bisher beschrieben habe, zum Anlass, um vollkommen eigenverantwortlich zu handeln. Streichen Sie alles aus Ihrem Gedächtnis, was mit der staatlichen Rente zusammenhängt: Geben Sie die Idee auf, dass andere für Sie sorgen müssen… Streben Sie nach Rendite und nicht nach Rente.“ Im Teil II wiederholt Schäfer manches, was derjenige, der seine anderen Bücher gelesen hat, bereits kennt. Und was er schreibt, stimmt: Die erste und wichtigste Voraussetzung, um zu Wohlstand zu gelangen, ist die Änderung der eigenen Denkweise und die Fixierung von klaren finanziellen Zielen. Dabei hat er Recht, dass es wahrscheinlich einfacher ist, größere Ziele als kleinere Ziele zu erreichen, und zwar einfach deshalb, weil größere Ziele (finanzielle Freiheit) zu größerer Motivation und Kraft führen als kleine Ziele (die Rentenlücke einigermaßen zu schließen).
Schäfer formuliert das so: „Es ist der Überfluss, der leichter zu erzielen ist als ein absolutes Minimum. Es gelingt fast niemandem, ein Minimum anzusparen, von dem er leben könnte. Dagegen ist es vielen gelungen, finanzielle Sicherheit oder sogar finanzielle Freiheit zu erreichen. Für alle, die nicht zu alt oder krank sind in unserem Land, trifft zu: Überfluss ist leichter zu bekommen und zu behalten als ein Minimum.“
Was mir nicht gefällt – und schon bei seinem ersten Buch nicht gefallen hat – sind die großen Renditewerte, mit denen er rechnet. Acht Prozent Vermögenszuwachs seien realistisch, so meint er. Die 8 Prozent erscheinen bei ihm fast schon als bescheidenes Ziel. Um aber 8 Prozent nach Steuern zu erhalten, muss man eine zweistellige Rendite dauerhaft erzielen. Das gelingt selbst den wenigsten Finanzprofis. Mit der deutschen Lebensversicherung, so Schäfer, ließen sich 4 Prozent erzielen, mit britischen Lebensversicherungen 8 Prozent, mit einem gut gemanagten Depot 12 Prozent und mit einem aggressiven Depotanteil 15 Prozent. An anderer Stelle rückt Schäfer die Dinge wieder etwas zurecht und empfiehlt, sich mit 5 bis 8 Prozent durchschnittlich zufriedenzugeben. Nun, zwar ist auch diese heute recht ambitioniert, aber nicht unmöglich.
Zu Recht empfiehlt Schäfer Aktienfonds. Daneben auch „unternehmerische Beteiligungen“. Darunter versteht man meist geschlossene Fonds. Ich kenne jedoch außer mir keinen einzigen Menschen, der mit geschlossenen Fonds ausschließlich positive Erfahrungen gemacht hat. Die meisten Menschen haben damit keine zweistelligen Renditen erzielt, sondern Geld verloren. So einfach ist es also nicht.
Trotz dieser Einwände ist Schäfers Buch uneingeschränkt zu empfehlen. Mir gefällt seine Denkweise: Die Probleme – in diesem Fall der gesetzlichen Rentenversicherung – nicht zu beklagen und nicht über „soziale Gerechtigkeit“ zu lamentieren, sondern sie als Chance zu sehen: Die Menschen sind heute gezwungen, die Verantwortung für ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. „Das Motto eines Menschen, der sich betrogen fühlt, würde lauten: ‚Ich habe keine Möglichkeit einen unbeschwerten Lebensabend zu genießen. Man hat mich um meine Rendite betrogen.‘ Eine solche Opfer-Mentalität wäre fatal. Wir dürfen nicht zulassen, dass Ungerechtigkeiten unser Leben zerstören.“ Denn wir tun uns selbst keinen Gefallen, wenn wir „auf Gerechtigkeit pochen und wenn wir dann in Frust verfallen, weil wir nicht gerecht behandelt werden“.
Schäfer hat ein optimistisches Buch zu einem traurigen Thema geschrieben. R.Z.