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by : MY
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  • Titel: The Success Equation. Untangling Skill and Luck in Business, Sports, and Investing
  • Autor: Mauboussin, Michael J.
  • Verlag: Harvard Business Review Press, Boston
  • Sprache: Englisch
  • ISBN-13: 978-1422184233
  • Seitenzahl: 294
  • Erscheinungsjahr: 2012
  • Rezensent: Dr. Rainer Zitelmann

Bücher, in denen die Rolle des Glücks oder des Zufalls für den Erfolg betont werden, erfreuen sich großer Beliebtheit. Den Welt-Bestseller „Outliers“ von Malcolm Gladwell hatte ich an dieser Stelle bereits besprochen (Outliers. The Story of Success). Ähnlich wie Gladwell hebt auch Michael J. Mauboussin die Rolle des Zufalls hervor. Unstrittig ist, dass sowohl Können wie auch Glück zum Erfolg beitragen – allerdings in unterschiedlichem Maße, je nachdem, welcher Aktivität man folgt. Der Autor stellt ein „luck-skill-continuum“ dar, bei dem an einem Ende das Glücksspiel im Casino oder am Spielautomaten steht, am anderen Ende das Schachspiel.

Interessanterweise haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass bei unterschiedlichen Sportarten Glück eine größere oder geringere Rolle spielt. Beim Basketballspiel komme es beispielsweise nur zu 12 Prozent auf das Glück an, beim Baseball zu 34%, beim Football zu 38% und beim Hockey beträgt der Prozentsatz sogar 53%.

Wie kann man herausfinden, wie hoch der Anteil des Glücks ist und wie groß der Anteil des Könnens? Ein erster Indikator ist die Antwort auf die Frage, ob man ein Spiel absichtlich gewinnen oder verlieren kann. Ein Schachspiel kann jeder absichtlich verlieren (und vielleicht hat es der eine oder andere Vater sogar schon mal getan, um seinem Kind ein Erfolgserlebnis zu bescheren), während man beim Roulette oder Lotto nicht absichtlich verlieren kann. Übrigens haben pfiffige amerikanische Anwälte dieses Argument sogar ins Feld geführt, um für die Legalisierung von Online-Poker zu fechten.

Man kann den „Glücksanteil“ auch feststellen, wenn man das Ergebnis einer Aktivität nimmt und dann das Können abzieht: „In this sense, luck is a residual: it’s what is left over after you’ve substracted skill from an outcome.“ Der Autor führt beispielsweise das extrem hohe Verdienst von Superstars als Beleg für seine These an. Diese Superstars, die Millionengagen beziehen, so sein Argument, könnten nicht so viel talentierter sein, wie andere, die nur einen Bruchteil davon verdienten: „There are a variety of ways to assess skill or quality. For example, you might evaluate a song according to its rhythm, tonality, lyrical content, vocal quality, and instrumentation. Different people may have different lists or may weight those qualities in different ways. But no matter how we assess someone’s skill, luck will also help to shape our opinion through social influence. So luck is not only behind the inequality of outcomes, it determines what we perceive to be a skill.“

Ich finde diese Argumentation nicht überzeugend. Sie zeigt vielmehr, dass Menschen allzu rasch dazu neigen, den „Zufall“ als Erklärung zu bemühen, wenn es jedoch durchaus andere Faktoren gibt, die den Erfolg besser erklären können. Es geht offenbar darum, wie man „Skill“ definiert. Wenn jemand als „Skill“ eines Musikers nur seine Begabung zum Singen definiert und alles andere mit „Glück“ erklärt, dann greift das zu kurz. Hat Udo Lindenberg über Jahrzehnte hinweg einen so großen Erfolg, weil er besser singen kann als fast alle anderen deutschen Sänger? Verdient er 1.000 Mal mehr als der unbekannte Sänger, der nur auf Partys auftritt, weil er genau 1.000 Mal so gut singen kann? Natürlich nicht. Heißt dies aber, sein hoher Verdienst sei einfach Ergebnis von Zufall und Glück? Nein, Lindenberg hat sich richtig positioniert, hat sich selbst als Marke aufgebaut – mit einer unverwechselbaren Sprache, einem unverwechselbaren Äußeren usw. Dies war ebenso – und wahrscheinlich sogar noch mehr – Teil des „Skill“ wie sein Können als Sänger. Bezahlt wird er – so wie alle Künstler – nicht nur für ein fachliches Talent, sondern für seine Fähigkeit zur Selbstvermarktung und Positionierung.

Ein anderes Argument, das in keinem Buch fehlen darf, welches sich mit der Rolle des Zufalls beschäftigt, lautet, dass extrem erfolgreiche Menschen selbst hin und wieder auf die Bedeutung ihres „Glücks“ hinweisen. Ähnlich wie Gladwell zitiert auch Mauboussin Bill Gates, der verschiedentlich betonte, er habe großes Glück gehabt. Dass Glück auch eine Rolle spielt, wird niemand bezweifeln. Aber wenn extrem erfolgreiche Menschen den Glücksfaktor allzu stark in öffentlichen Interviews betonen, dann kann dies auch – wie bereits der Soziologe Schoeck überzeugend gezeigt hat – Ausdruck einer unbewussten „Neidabwehr“ sein. Es klingt ja viel sympathischer, wenn jemand achselzuckend sagt: „Ich hab‘ halt viel Glück gehabt“ als wenn er sagen würde: „Ich bin halt intelligenter und fleißiger als ihr“.

Für mich ist es erklärungsbedürftig, warum gerade Bücher, die die Rolle des Zufalls und des Glücks betonen, so viel Zuspruch finden, obwohl die Argumente nicht unbedingt überzeugend sind. Wahrscheinlich haben diese Bücher eine tröstende Funktion: „Wenn du nicht so erfolgreich bist im Leben, dann mach‘ dir nichts draus. Es hat nichts mit mangelndem Können oder mangelnder Intelligenz zu tun: Die anderen haben einfach mehr Glück gehabt, und dass du nicht so reich geworden bist wie Bill Gates, hat vielleicht nur damit etwas zu tun, dass der Zufall dir nicht so sehr geholfen hat.“

Obwohl ich in mancher Hinsicht also anderer Ansicht bin als der Autor, ist das Buch von Mauboussin empfehlenswert. Die Lektüre lohnt sich, weil er viele kluge Gedanken entwickelt, um das Rätsel zu lösen, welche Rolle Glück und Können im Leben spielen. R.Z.



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