Es gibt zwei Arten, wie man Bücher über Erfolg lesen kann. Und die Art, wie Sie solche Bücher lesen, verrät sehr viel über Sie selbst: Die erste Gruppe von Lesern gähnt gelangweilt: „Weiß ich doch schon alles“. Die zweite Gruppe sucht neugierig, ob man in dem Buch etwas Nützliches, Hilfreiches finden kann. Es ist wie bei einem Supermarkt, wo man ja auch nicht alles in den Korb packt und den Supermarkt nicht deshalb schlecht macht, weil es dort Waren gibt, die man schon besitzt oder nicht braucht.
Julien Backhaus, der Autor dieses Buches gibt verschiedene Zeitschriften heraus, u.a. das EROLG Magazin. Dadurch kommt er mit vielen erfolgreichen Menschen zusammen. Da war es naheliegend, ein Buch darüber zu schreiben, was diese Menschen erfolgreich macht. Was hat mir besonders gefallen?
In vielen Erfolgsbüchern wird die Bedeutung des Optimismus hervorgehoben. Zu Recht. Aber mich hat schon immer gestört, dass die Wichtigkeit eines gesunden Pessimismus zu wenig betont wird, obwohl wir doch aus der Forschung wissen, wie verbreitet der Überoptimismus ist – und wie gefährlich dieser sein kann. Backhaus erwähnt eine Studie (die ich mir besorgen werde), in der Wissenschaftler nachweisen, dass es eine Form von gesundem Pessimismus gibt, der Menschen dazu ermuntert, sich auf Herausforderungen vorzubereiten. „Das Fazit der Studie: Wer pessimistischer in die Zukunft sieht, achtet besser auf sich. Reinem Optimismus erteilen die Forscher eine klare Absage. Dieser würde die Menschen nur unvorsichtig werden lassen… Der gesunde Pessimismus hilft dabei, das Risiko richtig einzuschätzen, er überdeckt dabei nicht den Optimismus, den Herausforderungen gewachsen zu sein.“ (S. 48 f.) Je mehr Optimismus – desto besser, das ist also eine falsche Formel.
Dass richtige Erfolgsstrategien in die Irre führen, wenn sie undifferenziert propagiert werden, zeigt der Autor auch an einem anderen Beispiel: In allen Erfolgsbüchern (auch in meinem eigenen Buch „Setze dir größere Ziele!“) wird die Bedeutung der Fokussierung betont. Zu Recht. Aber Backhaus zeigt die andere Seite der Medaille: „In der Spezialisierung besteht die Gefahr, ein ‚Fachidiot‘ zu werden. Bedeutet Spezialisierung doch, eine bestimmte Perspektive für Probleme und Herausforderungen einzunehmen. Doch fachliche Scheuklappen helfen Ihnen nicht, Innovationen in Gang zu setzen. Die wahre Kunst ist, Erkenntnisse aus anderen Themengebieten auf das eigene Kernthema zu übertragen. Deshalb ist es ratsam, sich abseits Ihres gewählten Kernthemas mit anderen Themenschwerpunkten auseinanderzusetzen.“ (S. 71 f.) Das kann ich nur bestätigen: Neues entsteht meist durch die Kombination von Erkenntnissen aus verschiedenen Gebieten und durch Übertragung von Methoden und Fragestellungen, die in einem Gebiet entwickelt wurden, auf ganz andere.
Was mir auch gefällt: Backhaus schreibt, wie wichtig es für den Erfolg ist, Humor zu haben (S. 139 – 146). Ich habe viele Bücher über Erfolg gelesen, aber nur in einem einzigen (nämlich in der Autobiografie von Arnold Schwarzenegger) spielte Humor eine sehr wichtige Rolle. Dabei leuchtet es ein, was Backhaus schreibt: Humor hilft überall – ob es nun bei geschäftlichen Verhandlungen ist oder beim Flirten. Gerade für Menschen, die sich sehr stark auf Erfolg fokussieren, ist es so wichtig, dies zu betonen. Denn manche „Erfolgsmenschen“ können verbissen, getrieben oder gar verkrampft wirken, und damit ist es gewiss sehr viel schwieriger, erfolgreich zu sein als mit Humor. Ich habe bei meinen Talkshow-Auftritten beobachtet, dass ich viel sympathischer rüberkomme, wenn ich nicht nur verbissen attackiere, sondern lache und meine humorvolle Seite zeige. Es würde sich lohnen, ein ganzes Buch darüber zu schreiben.
Backhaus betont in seinem Buch immer wieder, wie entscheidend wichtig die Kunst der Selbstvermarktung ist, sich also als eigene Marke aufzubauen (S. 15, 107, 111). Er macht es gleich selbst vor, indem er auf den ersten Seiten 15 Zitate von erfolgreichen Menschen und Erfolgstrainern (Jürgen Höller, Bodo Schäfer, Jörg Löhr etc.) für sein eigenes Buch anführt. „Das Leben besteht zu drei Vierteln daraus, sich sehen zu lassen“ – dieses Zitat von Woody Allen kannte ich noch nicht (S. 107), aber ich werde es in meine persönliche Zitatensammlung aufnehmen. R.Z.